Gastkommentar: Nachwahlbetrachtung eines liberalen Bundestagskandidaten

Das Weserbergland ist nach dieser Bundestagswahl in Berlin dünner vertreten

Von Klaus-Peter Wennemann (FDP)

Es war schon eine Bundestagswahl, die facettenreich war. Natürlich die historischen Tiefststände von gleich drei Parteien: CDU, CSU und SPD. Und dann der Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag.

Erfreut hat mich natürlich besonders, dass nach dem „außerparlamentarischen Bildungsurlaub“ die Freien Demokraten auf Anhieb mit einem zweistelligen Ergebnis wieder in Berlin vertreten sind. Wie sind diese Ergebnisse zu bewerten und wie kann es weitergehen? Die AfD befindet sich unmittelbar nach der Wahl bereits im Spaltungsprozess. Frauke Petry versucht im politischen Spektrum die von vielen rechten Unionswählern schon unter „FJS“ (Franz Josef Strauß) herbeigesehnte bundesweite CSU zu gründen, natürlich mit anderem Label.

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Es wird spannend, ob es ihr gelingt eine Partei zu etablieren, die auf dem alten Fundament der Lucke-AfD aufbaut und die Euro-Skeptiker, sowie Migrationskritiker versammelt ohne braun unterwandert zu sein. Sollte dieses gelingen, dann könnte Gaulands AfD schnell der Vergangenheit angehören und die CSU in noch größere Schwierigkeiten kommen.

Ohnehin wäre die CSU, die mit Blick auf die im nächsten Jahr in Bayern anstehenden Landtagswahlen eher nach rechts driften will, in einer möglichen „Jamaika-Koalition“ weit störender als die Differenzen zwischen den Grünen und den Liberalen. Denn werden deren Wählergruppen einmal genauer betrachtet, so ist festzustellen, dass es hier, was Bildungsniveau und Einkommen angeht, sehr viele Überschneidungen gibt.

Überhaupt sind die Felder, die den beiden kleinen Parteien wichtig sind, Klimaschutz, Nachhaltigkeit, sozialer Aufstieg über Bildung, Einwanderungsgesetz, Bürgerrechte ohne Vollüberwachung, Politikfelder bei denen eine Einigung mit gutem Willen machbar ist.

Grüne Politiker, wie Kretschmann, Palmer, aber auch Özdemir dürften auch einer wohlverstandenen sozialen Marktwirtschaft nicht im Weg stehen. Und der Tatsache, dass nur die Gelder verteilt werden können, die zunächst erwirtschaftet werden, auch nicht.

Viele der bevorstehenden Probleme sind nicht einmal zu erahnen

Aber mehr als einzelne Punkte eines möglichen Koalitionsvertrages, ist Vertrauen zwischen den handelnden Personen Voraussetzung für ein erfolgreiches politisches Wirken. Mit Blick auf die Vergangenheit zeigt sich, dass viele der wichtigen Probleme der Zukunft zu Beginn einer Legislaturperiode überhaupt noch nicht zu erahnen sind. Flüchtlingsproblematik, arabischer Frühling, Atomausstieg, Griechenlandkrise seien hier als Beispiele genannt.

Da dürften auf manchen Feldern die Diskrepanzen mit der Union größer sein und Frau Merkel ahnt vermutlich schon, dass sie hier möglicherweise in der Koalition die Getriebene zweier moderner, zukunftsorientierter Parteien werden könnte.

Aber die SPD hat nicht nur sofort einer erneuten GroKo eine Absage erteilt. Sie hat auch sehr schnell Personalentscheidungen getroffen, die die SPD weiter nach links verorten. Damit wird der Konkurrenzkampf mit der Linken noch intensiver. Diese wiederum sah sich in der für sie ungewohnten Situation im Wahlkampf bei den sozialen Themen von der AfD noch links überholt zu werden.

Aufgefallen ist mir auch, dass Siegmar Gabriel abgetaucht ist. Die schnellen Personalrochaden in der SPD lassen vermuten, dass einer Diskussion über die Wahlkampfstrategie und damit der Frage, ob die SPD sich nicht wieder mehr um die Mitte kümmern sollte, ausgewichen werden soll.

Schwierig dürfte auch die zukünftige Europolitik in einer „Jamaika-Koalition“ werden. Hier geht ein Riss durch die CDU, während die CSU und Christian Lindner wohl sehr schnell zu einer Einigung mit der Überschrift „Keine Transferunion mit uns!“ kommen werden.

Ohnehin wird es eine Weile dauern bis es in Berlin zu einer Einigung kommen wird, denn zu groß ist das Interesse aller Parteien die wohlsortierte Frontstellung im niedersächsischen Wahlkampf nicht durcheinander zu bringen. Also vor dem 15. Oktober passiert Garnichts!

Strategie der SPD in Hannover ist es natürlich den niedersächsischen Wahlkampf vom Desaster in Berlin zu entkoppeln. Es darf bezweifelt werden ob das gelingt, aber vielleicht mobilisieren die Sozialdemokraten durch diesen Tiefpunkt in ihrer Wahlgeschichte sogar die eigenen Wähler.

Die Schulpolitik in Niedersachsen ist für die SPD ein Desaster - wie in NRW

Als unglücklich empfinde ich den Versuch mit eigenen norddeutschen Politikfeldern zu punkten und hierbei ausgerechnet die Schulpolitik zu benennen. Gerade hier hat die Koalition aus SPD und Grünen in Niedersachsen einen Scherbenhaufen hinterlassen mit Schulausfall, Gymnasiumdiskussion und einer vor die Wand gefahrenen Inklusion. Schon bei der Wahl in NRW war dieses ein entscheidendes „Verliererthema“ für die SPD.

Ein Blick noch auf die heimische Wahl: Michael Vietz hat es nicht geschafft und das obwohl die CDU die meisten Zweitstimmen erreichte. Das zeigt ohne Zweifel wie hoch der Sympathiefaktor für den smarten jungen Kandidaten der SPD war und wie wertvoll eine sehr gut geölte SPD-Wahlmaschinerie ist. Der fleißige und menschlich sehr sympathische Michael Vietz hatte nicht das Charisma und wohl auch nicht die hundertprozentige Unterstützung der eigenen Truppen um einen historischen Machtwechsel zu erreichen.

Sein Beispiel zeigt den Kritikern an den Abgeordnetenvergütungen aber auch, wie schicksalhaft der Lebensweg eines gewählten Volksvertreters sein kann. Man kann Michael Vietz nur von Herzen danken und alles Gute für die Zukunft wünschen.

Johannes Schraps passt zu einer eher linksorientierten SPD und er wird sicherlich nach einer längeren Einarbeitungsphase eine gute Visitenkarte der hiesigen SPD sein, aber natürlich wird es länger dauern, bis er das Format seiner Vorgängerin erreicht.

Auch wird ihm die Abgrenzung zur zweiten Bundestagskandidatin aus dem Wahlbezirk 46 schwerer fallen. Jutta Krellmann von den Linken ist allerding, trotz langer Zugehörigkeit zum Bundestag, bisher noch nicht durch großartige Aktionen für unsere Region aufgefallen und hier sehe ich für den jungen SPD-Abgeordneten ein Feld in dem er punkten kann.

Die verwaiste bürgerliche Mitte bereitet mir Sorgen

Über den AfD Kandidaten brauchen wir nicht lange nachdenken. Er ist von unserer Region so weit weg wie die Sonne vom Mond. In Sachen Region ohne jeden Zweifel ein Totalausfall.

Was mir Sorgen macht, ist die verwaiste bürgerliche Mitte und die Wirtschaft des Weserberglandes. Vieles deutet darauf hin, dass es hier keine Trendwenden gibt, wie sie Christian Lindner für Deutschland fordert.

Insgesamt ist unsere Region im Vergleich zum letzten Bundestag deutlich dünner besetzt. Schade!

 

 
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