Umfrage des NDR-Fernsehmagazins „Hallo Niedersachsen“

Hasskriminalität gegen Politiker: Mehr als 50 niedersächsische Landtagsabgeordnete betroffen

Sonntag 24. November 2019 - Hannover (wbn). Morddrohungen, Beleidigungen, Angriffe auf das Wohnheim, zerstochene Reifen, Abladen von Fäkalien. Die Verrohung der politischen Auseinandersetzung in Niedersachsen und in Deutschland hat zugenommen und sich ins Kriminelle gesteigert.

Mindestens 55 Abgeordnete des niedersächsischen Landtags wurden schon einmal bedroht, beleidigt oder persönlich angegriffen. Das hat eine Umfrage ergeben, die das NDR Fernsehmagazin „Hallo Niedersachsen“ unter allen 137 Landtagsabgeordneten durchgeführt hat. Von den 83 Abgeordneten, die sich an der Online-Umfrage beteiligt haben, waren nach eigenen Aussagen zwei Drittel (55) von Hassbotschaften betroffen.

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Fast alle berichten, dass sie in den sozialen Medien häufig heftig beschimpft werden. Einige erhielten Todesdrohungen, wie Umweltminister Olaf Lies (SPD) im Interview schildert. Ihm habe jemand auf Facebook geschrieben, er könne sich vorstellen, 50 000 Euro zu zahlen, um Lies´ Kopf auf einem Spieß zu sehen.

Politikwissenschaftler Prof. Wolf Schünemann an der Universität Hildesheim erforscht die Online-Kommunikation zwischen Politikern und Bürgern und erklärt, warum Politiker so viele Hassnachrichten erhalten: „Das ist wie der Politiker, der sich auf den Marktplatz begibt und dadurch natürlich mehr Bürgernähe erzeugt. Auf der anderen Seite riskiert er aber auch eher, mit Eiern beworfen zu werden oder Schlimmeres.“ Schünemann hat untersucht, ob Anonymität im Netz eher zu Hasskommentaren führt. Das Ergebnis: User mit Klarnamen und Profilfotos äußern sich ebenso oft beleidigend oder aggressiv wie anonyme User.

Neben den Hassbotschaften in sozialen Medien beklagen einige Abgeordnete, dass sie übers Telefon und per Post bedroht worden seien. Andere Abgeordnete berichten, dass ihre Autoreifen zerstochen oder Wahlbüros und Wohnhäuser angegriffen worden seien. „Die Krönung war, als ich vor meiner Tür Erbrochenes, Fäkalien und Bierreste fand“, erzählt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marcus Bosse. „Dann gab es einen Facebook-Eintrag, wo es hieß: Jetzt haben wir Ihnen mal das vor die Tür geschüttet, was wir von Ihnen halten und das müssen Sie auch ertragen.“ Der CDU-Abgeordnete Thomas Adasch sagt, sein Wahlbüro sei mit Farbe beschmiert und ein Fenster eingeworfen worden. Außerdem habe es vor ein paar Jahren eine Vandalismusserie gegeben, „so dass meine Familie monatelang unter Polizeischutz leben musste.“

Der AfD-Politiker Stephan Bothe berichtet, dass mehrfach die Reifen seines Autos zerstochen worden seien: „Meine Kinder wollten abends nicht einschlafen, weil sie Angst hatten, dass die bösen Menschen zurückkommen.“ Seine Parteikollegen Jens Ahrends und Stefan Henze berichten von Morddrohungen, die sie per Post und übers Telefon erreicht hätten. Henze sagt, er kontrolliere inzwischen vor dem Einsteigen die Reifen seines Autos und nehme immer andere Routen auf dem Weg zur Arbeit.

Betroffen vom Hass sind Abgeordnete aller Fraktionen: Von 30 teilnehmenden CDU-Abgeordneten schildern 16 Drohungen und Beschimpfungen. Bei der FDP gaben drei Personen an, betroffen zu sein. Vier hätten keine entsprechenden Erfahrungen gemacht. Von 35 SPD-Abgeordneten, die geantwortet haben, waren 25 Personen betroffen. Alle teilnehmenden Abgeordneten der Grünen (4) und der AfD (7) gaben an, betroffen zu sein.
Eine Strafverfolgung halten übrigens die meisten Betroffenen im Landtag für aussichtslos: Nur 12 von 55 betroffenen Abgeordneten erstatteten Anzeige, also jeder Fünfte. In zwei Fällen konnte ein Täter ermittelt werden, neun Verfahren wurden eingestellt und ein Verfahren läuft noch.

 
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