Exklusiv-Interview der Weserbergland-Nachrichten.de mit SPD-Fraktionschef Stefan Schostok

Schostok fordert Verbot des Neonazi-„Trauermarsches“ in Bad Nenndorf und auch das Verbot der NPD

Hannover/Bad Nenndorf (wbn).  Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Niedersächsischen Landtag, Stefan Schostok, hat sich für ein Verbot der Aufmärsche von Neonazis in Bad Nenndorf und auch für ein Verbot der NPD ausgesprochen.

Am Vorabend des für diesen Samstag im niedersächsischen Bad Nenndorf angekündigten sogenannten „Trauermarsches“ rechtsradikaler Organisationen und Neonazis sagte Schostok in einem Gespräch mit dem Internet-Nachrichtenportal „Weserbergland-Nachrichten.de“:  „Dieser Spuk der Nazi-Aufmärsche muss wirklich beendet werden.“  An dieser Stelle dürfe es „kein Zurückweichen vor Geschichtsfälschung und Relativierung der Gräueltaten des Nationalsozialismus geben“.  Das „Party-Konzept“ der Bad Nenndorfer hält Schostok in diesem Fall für ein „sehr taugliches Mittel“ des Protestes

(Zum Bild: Landtags-Oppositionschef Stefan Schostok spricht sich gegenüber den Weserbergland-Nachrichten.de  für ein Verbot des Trauermarsches und der NPD aus. Foto: SPD)

 

 

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Die Neonazis seien überrascht gewesen von dieser Aktionsform.  Er selbst werde morgen Vormittag zusammen mit weiteren Abgeordneten und dem SPD-Vorsitzenden aus Hannover an der Gegenveranstaltung „Bunt statt Braun“ in der Bornstraße und der Kurhausstraße teilnehmen.

 

SPD-Fraktionschef Schostok im Gespräch:

Dieser Spuk der Trauermärsche, der muss wirklich beendet werden

Herr Schostok, die sogenannten Trauermärsche der Neonazis sind in Bad Nenndorf bis zum Jahre 2030 angemeldet.  Müssen sich die Bürger der niedersächsischen Kleinstadt das solange gefallen lassen?

Schostok: Sie lassen sich es ja nicht gefallen. Sie machen durch ihre wirklich sehr illustren, farbenfrohen und fröhlichen Aktionen deutlich, dass sie in ihrer Stadt keine Rechtsextremisten und keine Neonazis dulden. Darüber hinaus ist „Bad Nenndorf“ mittlerweile nicht nur ein Landes-, sondern auch ein bundeweites Thema, weil die Neonazis es mittlerweile als zentralen Aufmarschort verstehen. Es hat deshalb eine viel höhere Aufmerksamkeit und es gibt deshalb auch viele Aktionen um Bad Nenndorf herum, die auch eine Rolle bei der Aufklärungsarbeit spielen. Die Ereignisse um das „Wincklerbad“ sind ja nun auch wissenschaftlich aufgearbeitet, auch das trägt zur weiteren Aufklärung bei. So kann den Neonazis die Grundlage für ihre ideologischen Fälschungsversuche und ihre menschenfeindlichen Aktionen entzogen werden.

Noch 2007 gab es eine Fehlprognose der Sicherheitsbehörden, die glaubten Bad Nenndorf sei nur rein zufällig als Schauplatz eines rechtsradikalen Aufmarsches ausgewählt worden. Haben wir es mit einer anhaltenden Fehleinschätzung des radikalen Auftretens von Rechtsextremisten gerade auch in Niedersachsen zu tun?

Schostok: Sowohl Innenministerium als auch Verfassungsschutz haben diese Fehleinschätzung ja inzwischen korrigiert. Der Aufmarsch der Rechtsextremisten und Neonazis taucht nun mehrmals auch im Verfassungsschutzbericht als ein Beispiel dafür auf, wie Neonazis versuchen, solche Symbole und „Gedenktage“ zu kreieren. Das „Wincklerbad“ – wenn man sich damit intensiver befasst – taugt nicht als ein solches Symbol. Nichtdestotrotz versuchen über Jahre hinweg  bis zu 1000 Neonazis es zu einer Wallfahrtsstätte zu machen. Das muss korrigiert werden. Und deswegen verlangen wir auch, dass viel stärker Aktionsprogramme seitens des Innenministeriums entwickelt werden, wie man mit diesen Themen umgeht. Es muss das Gegenbild deutlich werden. Der Aufmarsch der Rechten muss als Symbol für Geschichtsfälschung und Relativierung der Gräueltaten des Nationalsozialismus, für Menschenfeindlichkeit, für Chauvinismus und Rassismus umgeprägt werden. Und deswegen ist es sehr wichtig, dass Demokratinnen und Demokraten mit vielen Aktionen am Tag des Aufmarsches zugleich auch Aufklärung betreiben und dagegen arbeiten.

Da stellt sich natürlich die Frage, wäre es nicht besser das zu verbieten?

Schostok: Es ist ja nicht so, dass nicht alle Ebenen versuchen würden Wege zu finden, wie man solche Auftritte vermeiden und verbieten kann. Das ist auch an vielen Stellen schon versucht worden. Aber wir haben die Demonstrationsfreiheit als ein hohes Gut im Grundgesetz verankert. Natürlich ist es ein aberwitziger Zynismus, dass ausgerechnet Neonazis und Rechtsextremisten – also die Feinde der Demokratie - das für sich nutzen und beanspruchen. Ich sage: Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit. Deshalb müssen Wege gefunden werden, wie mit solchen antidemokratischen Demonstrationen umgegangen wird und wie sie fundamental zu verbieten sind. Daran muss genau so gearbeitet werden wie am Thema des Verbotes der NPD als Partei.

Wären Sie also sowohl für ein Verbot der Aufmärsche in Bad Nenndorf als auch für ein Verbot der NPD?

Schostok: Richtig. Das ist absolut nötig. Aber es reicht allein noch nicht aus. Wir dürfen Neonazis und Rechtsextremisten auch als Unorganisierte nicht unterschätzen. Da ist Bad Nenndorf ein gutes Beispiel. Wir müssen verstehen, dass die Neonazis – und es sind ja auch gerade hier viele nicht in der NPD organisierte Rechtsextremisten dabei - hier öffentlich versuchen ihre Ideen und Symbole wieder alltagstauglich zu machen. Da muss möglichst früh dagegengehalten werden. Insofern darf es hier an dieser Stelle kein Zurückweichen geben. Neonazis und Rechtsextremisten haben in keiner Stadt und in der gesamten Gesellschaft keinen Platz mehr.

Was halten Sie von den Massenblockaden linker Gegendemonstranten. Sie waren ja mal selbst Juso.

Schostok: Ich halte von friedlichen Formen des Protestes `eine ganze Menge. Entscheidend ist dabei, dass der gewaltfreie und friedliche Protest  keinen Anlass bietet zu diesen aberwitzigen Vergleichen von Links und Rechts, die immer wieder vorgenommen werden. In Bad Nenndorf ist es wichtig diese Prinzipien wirklich auch zu beachten, weil es dort eine örtliche Besonderheit gibt, die beachtet werden muss. Wir sagen zwar ausdrücklich auch immer, dass die Blockaden an sich nicht das Problem sind. In Bad Nenndorf droht aber die Gefahr, dass es aufgrund der örtlichen Verhältnisse durch Blockaden zur Eskalation und dann zur Anwendung von Gewalt kommen kann. Das ist dort nicht auszuschließen. Und deswegen unterstützen wir als SPD in Niedersachsen ausdrücklich auch die Aktion „Bad Nenndorf ist Bunt“ und die Initiativen vor Ort, die strikt für Friedlichkeit eintreten. Deshalb haben SPD, Grüne, DGB, die Linken und auch sogar die CDU vor Ort einen Aufruf ohne Blockaden verabschiedet. Wir unterstützen genau diese Veranstaltung „Bunt statt Braun“.

Das war ja auch ein Thema auf dem Landesparteitag der SPD in Hameln vor kurzer Zeit.

Schostok: Richtig. Wir haben dort den Aufruf unterstützt und haben entsprechend auch geworben dafür. Wir sind auch der Ansicht, dass alle Parteien nach Bad Nenndorf hin mobilisieren müssen und die friedlichen Proteste der Bürgerinnen und Bürger vor Ort eben auch unterstützen müssen. Dieser Spuk der sogenannten Trauermärsche, der muss wirklich beendet werden.

Ist das Party-Konzept der Bad Nenndorfer das tauglichere Mittel?

Schostok: Das ist auf jeden Fall ein sehr taugliches Mittel. Wir können feststellen, dass die Neonazis damit mittlerweile auch erhebliche Probleme haben. Sie sind überrascht von der Aktionsform. Man merkt das an Reaktionen aus der Szene, dass ihnen das nicht geheuer ist. Sie konnten das, was sie dort vor Ort zelebrieren wollten, nicht durchführen. Die Bürgerinnen und Bürger haben eben auf verschiedenen Ebenen mit den Partyaktionen deutlich gemacht, dass sie es sich nicht gefallen lassen Bad Nenndorf hier zu einem zentralen Aufmarschort zu machen. Sie haben auch klargestellt, dass sie verhindern werden, das „Wincklerbad“ in einen neonazistischen historischen Kontext zu stellen. Das haben die Neonazis ja vor. Das Vorhaben treibt einem ja wirklich die Schamesröte ins Gesicht, dass sie das, was zwischen 1945 und 1947 dort passiert ist, gleichstellen wollen mit den Verhörzentren der Gestapo. Das ist wirklich eine Unverschämtheit.

Wann haben Sie das letzte Mal an einer Demo gegen Neonazis teilgenommen – und haben Sie auch schon mal gegen Linksextremisten demonstriert?

Schostok: Ich bisher an allen Kundgebungen gegen den Rechtsextremismus teilgenommen, die in den vergangenen Jahren hier in Hannover stattgefunden haben.

Und gegen Linksextremisten haben Sie da auch schon mal Anlass gesehen zu demonstrieren?

Schostok: Es gab bisher keine Form eines angemeldeten Protestes von Linksextremisten. Deswegen kann ich dagegen gar nicht protestiert haben.

Und jetzt die naheliegende Frage: Werden Sie morgen in Bad Nenndorf sein?

Schostok: Morgen bin ich in Bad Nenndorf. Um halb zehn bin ich da.

Als Partygast?

Schostok (lacht): Als Partygast, richtig, ja. Ich komme mit weiteren Abgeordneten und dem SPD-Vorsitzenden hier aus Hannover – ich bin ja Bezirksvorsitzender und Fraktionsvorsitzender - und unterstütze die Kundgebung der Bad Nenndorfer dort vor Ort.

Das Gespräch führte Ralph Lorenz

 
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