Der Gastkommentar

Liberale Gedanken zur Großen Koalition:
Hoffentlich wird das Rennen besser als der Start

Von Klaus-Peter W e n n e m a n n

Die Teile aus Bayern röhrten gleich wieder am lautesten und obwohl die Fahrerin am Steuer in aller Deutlichkeit gesagt hatte: „Mit mir gibt es keine Maut“, ist dieses Thema sofort wieder präsent. Das Getriebe kam bereits auf den ersten Metern mächtig ins Rütteln, als die Bayern mit dem Thema „Stoppt die Sozialparasiten aus Osteuropa“ sogar die konservativen deutschen Wirtschaftsverbände gegen sich aufbrachten. Völlig zu recht übrigens, dabei sollte gerade ein Tourismusland wie Bayern verstehen, was eine Willkommenskultur ist.

(Zur Person: Klaus-Peter Wennemann ist Stadtverbandsvorsitzender der FDP in Hameln, international aktiver Finanzexperte und war Bundestagskandidat der Liberalen im Weserbergland. Wennemann gehört zu den regelmäßigen Kolumnisten der Weserbergland-Nachrichten.de  Foto: FDP)

Fortsetzung von Seite 1

Einig war man sich hingegen weitgehend bei zusätzlichen Ausgaben zu Lasten zukünftiger Generationen. Um im Bild zu bleiben: Hier fährt man die ohnehin schon arg verschlissenen Reifen weiter mit Vollgas herunter ohne an die noch vor einem liegenden Runden zu denken.

Die Belastungen der Rentenkasse durch Mütterrente und die abschlagsfreie Rente mit 63 könnten jedoch noch getoppt werden, wenn die Boxenorder von SPD-Familienministerin Schwesig umgesetzt wird: Wochenarbeitszeit 32 Stunden – bei vollem Lohnausgleich versteht sich, finanziert aus Steuermitteln. Das wäre dann die Fahrt auf der Felge!

Auch die Abstimmung zwischen Rädern und Radaufhängung muss wohl noch verbessert werden, denn was der neue Justizminister Maas bei der Vorratsdatenspeicherung im Alleingang versucht, traf nicht nur beim neuen Innenminister De Maiziere, sondern auch bei SPD Parteifreunden in den Ländern auf Unmut. Da hatte man nach den monatelangen Beratungen zum Koalitionsvertrag schon eine bessere Abstimmung erwarten dürfen!

Die neue Allround-Ministerin und einzig verbliebene Konkurrentin um die Fahrerposition hinter dem Lenkrad, Verteidigungsministerin von der Leyen, setzt auf bewährte Schmiermittel im Koalitionsrennen. Sozial- und Familienpolitik jetzt auch im Verteidigungsministerium. Die Generäle, die Klarheit in Sachen Drohnen und Ausrüstung brauchen werden es mit Stirnrunzeln begleiten und wer in Kundus länger stationiert ist und sich immer mit dem aktuellen obersten Chef beim Truppenbesuch fotografieren lässt, der hat seinen Spind mit Fotos wohl schon voll.

Der wahre Verteidigungsminister im Kabinett ist ohnehin Finanzminister Schäuble. Er muss gerade in dieser Koalition, die für die Wähler vor allem teuer wird, die Kasse verteidigen. In Sachen Euro ist er zwar seinen wichtigsten Mechaniker Jörg Asmussen los, denn der hat in einem „kontrollierten Abstieg“, wie die Zeit schrieb das Krisenszenario Euro verlassen und ist  zukünftig Staatssekretär bei SPD-Arbeitsministerin Nahles, damit er mehr Zeit für seine Familie hat.

Dabei rückt der Euro doch enger zusammen. Deutschland verringert trotz Rekordsteuereinnahmen weder die Defizite in den öffentlichen Haushalten, noch werden die Steuern, z.B. bei der sog. kalten Progression, gesenkt, d.h. Lohnempfänger werden auch in Zukunft netto kaum mehr in der Tasche haben, wenn ihr Arbeitgeber ihre Leistungen besser honoriert. Auch die seit Jahrzehnten bewährte und gesetzlich verankerte Anpassung der Rentenbeiträge wird ausgehebelt und die voraussichtlich 31 Milliarden Euro an Reserven werden den Beitragszahlern vorenthalten.

Eine 180-Grad-Drehung macht hingegen der französische Rennstall Hollande. Nach mehreren Überrundungen, insbesondere durch das fitte deutsche Team „Schwarz- Gelb“, wird – bis auf den Fahrer – fast alles ausgewechselt. Dabei hat man sich so einiges beim deutschen Rennstall abgeguckt. Bessere Bedingungen für die Unternehmen führen zu mehr Arbeitsplätzen beispielsweise.

Und so ist das Publikum gespannt, ob der schon fast uneinholbare Vorsprung des Deutschland-Boliden auf dem Eurokurs nicht schmilzt wie der Schnee in der Sonne, wenn wieder einmal die Belastung des Motors, d. h. der Wirtschaft, bis zum Limit getestet wird.

Für das Benzin ist zukünftig der Wirtschafts- und Energieminister Siegmar Gabriel zuständig. Wenn er aus jedem Liter Benzin so viel herausholt, wie bei den Koalitionsverhandlungen aus dem Stimmenanteil der SPD, dann ist er ein Siegertyp!

Die unangefochtene Fahrerin ist natürlich die alte und neue Kanzlerin. Auch tiefste Schlaglöcher, wie die NSA-Affäre haben ihr bisher nichts anhaben können, denn zu gut geölt mit den Reformen der Agenda 2010 und dem Motor Export „Made in Germany“ läuft der Formel 1 Wagen. Die Zuschauer vergöttern halt ihre Stars und das hat wohl auch Rennleiter Gabriel erkannt und bisher den Angeboten aus dem rot-grünen Wartburgstall widerstanden.

Und dann wären da noch die Zulieferbetriebe, dass sind im Politikbetrieb die Ausschüsse. Hier eine Auswahl:

Gesine Lötzsch (Die Linke) wird Vorsitzende des sehr wichtigen Haushaltsausschusses. Geburtstagsgrüße an Fidel Castro und eigentümliche Äußerungen zum Mauerbau waren in der Vergangenheit Fettnäpfchen in die sie trat und dabei sogar Ex- Kanzlerkandidat Steinbrück Konkurrenz machte.

Renate Künast (Bündnis 90/ Die Grünen) steht an der Spitze des Ausschusses Recht und Verbraucherschutz. Sojawurst im Fahrerlager und für die Fans, denn Renntage sind Veggiedays!

Bärbel Höhn (Bündnis 90/ Die Grünen) wird Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und Bau, also auch Straßenbau.

Na dann gute Fahrt!