Schwaches Drehbuch zum "Tyrannenmord"
Holzminden-Tatort: Eine Schublade öffnet sich nach der anderen - das hat das Weserbergland nicht verdient
Von Ralph L o r e n z
Dienstag 22. März 2022 - Holzminden / Höxter (wbn). Das Weserbergland ist zum „Tatort“ geworden. Leider. Wotan Wilke Möhring als Kommissar "Thorsten Falke" kann nichts dafür. Der Mörder war diesmal der Drehbuchautor.
„Tyrannenmord“ heißt dieser Tatort vom Sonntag – und da fängt’s schon an. Klingt irgendwie aktuell. Aber es ist kein Tyrann ermordet worden. Klar doch, der Vater ist ein Diktator. Irgendwo in Südamerika. Sonimatz ist auf einer Eliteschule im Weserbergland und ist getötet worden. Ein sympathisches Opfer und vor allem kein Tyrann. Knapp daneben ist auch verfehlt. Der Tatort-Drehbuchautor Jochen Bitzer hat indes hurtig an den Schubladen gezogen.Fortsetzung von Seite 1
Schublade Internat – geldgeile Internatsleitung, karriereversessene Eltern, ideologisch vermurkster Lehrer mit zu großer Nähe zu einem Schüler.
Schublade Polizei in Holzminden: Dorftrottel, ziemlich wuschig. (Das haben die Holzmindener Ordnungshüter nun wirklich nicht verdient!) Ein junger, unentwegt staunender Polizist, der an der Seite des Starermittlers Thorsten Falke groß rauskommen will und Klapprad fährt. Wohl dem Weserradweg geschuldet.
Schublade Lokalkolorit: Weserrenaissance, etwas Kloster Corvey. Und dann natürlich die smarten Zampanos vom LKA, die Staatssekretäre und Durchblicker, die das Große und Ganze im Sinn haben.
Und der coole Thorsten Falke muss wieder mal alles ausbaden. Geschmeidig ermitteln und bitte nicht zuviel in Erfahrung bringen.
Dann noch der Bodyguard des Diktator-Söhnchens. So wie ein Schubladen-Bodyguard eben auszusehen hat. Dick mit Schweineaugen. Irgendwie auch treudoof. Könnte allemal als Disco-Türsteher durchgehen.
So schreiben sich Drehbücher ganz von selbst.
Jochen Bitzer hatte schon einmal einen zweifelhaften Tatort geschrieben. „Letzte Zweifel“. Die Kritiker der Fernsehzeitschrift TV Spielfilm meinten damals, die Geschichte wäre „esoterisch, therapeutisch, zu verschroben“. Bitzer, der Germanist, war mal als Lektor für Geisteswissenschaften tätig. Hätte er weitermachen sollen.