Der Kommentar
Krankenhaus-Exitus: Kein Ruhmesblatt für die Strukturpolitik im Weserbergland
Von Ralph L o r e n z
Vor Wochen noch sah es so aus als könnte das insolvente Evangelische Krankenhaus Holzminden mit zwölf Millionen Euro vom Landkreis Holzminden und der Stadt Holzminden in Teilen gerettet werden. Doch jetzt ist die Pleite komplett.
Das medizinische Personal ist in letzter Minute abgesprungen. Und die Besten gehen meist zuerst. Wer bleibt schon auf einem Zug, der auf ein Abstellgleis zurast? Eine medizinische Unterversorgung der Region droht aber gewiss nicht. Denn gegenüber, auf der anderen Seite des Weserufers, in der mit 30.000 Einwohnern größeren nordrhein-westfälischen Wesermetropole Höxter, gibt es einen hochmodernen leistungsfähigen Krankenhauskomplex. Es ist das katholische St. Ansgar Krankenhaus. Mit 371 Betten. In elf Fach- und zwei Belegkliniken engstens verzahnt in der Weserbergland-Region.
Der Evangelische Agaplesion-Konzern in Frankfurt muss sich aber auch fragen lassen weshalb er stetig mit niedersächsischen Landesmitteln den Standort Holzminden ausgebaut hat, während es unter den Arztpraxen zunehmend an der Tagesordnung war Patienten über die Weser nach Höxter zu schicken.
War die Versorgung am jenseitigen Weserufer doch durchweg besser? Was hat diese Sogwirkung letztlich ausgelöst? Höxter hat offensichtlich auch Ärzte und damit Patienten aus Holzminden erfolgreich abgeworben.
Und war es ein Fehler in den zurückliegenden Jahren die ärztliche Versorgung in Stadtoldendorf auszudünnen und nach Holzminden zu verlagern?
Wahr ist auch: In Hannover wurden die Weichen falsch gestellt. Es hätte einer besseren Abstimmung mit Nordrhein-Westfalen bedurft. Das gilt auch für andere grenzüberschreitende Bereiche.
Etwa für den Öffentlichen Personennahverkehr. Wir brauchen generell eine zukunftsorientierte Verzahnung an den Landesgrenzen. Bis hin zum Katastrophenschutz.
Das Krankenhausdesaster in Holzminden ist kein Ruhmesblatt für die Strukturpolitik des Landes. Wir sollten daraus die Lehre ziehen.