Nachruf auf Ralph Lorenz
Der Mann mit dem Blick fürs Besondere
Sonntag 27. Oktober 2024 - Börry (wbn). Ralph Lorenz ist vielen bekannt als Vordenker und Gesicht der Weserbergland-Nachrichten.de. Als ein Mann mit Charakter und Charisma. Jetzt ist er im Alter von 75 Jahren gestorben.
Ralph brachte Menschen zum Lachen, lockerte jedes Gespräch auf und hatte auf alle Fragen die passende Antwort. Mal bestimmt, mal einfühlsam. Oft schlagfertig, aber immer der Situation angemessen. Die Menschen fühlten sich wohl bei ihm, gut aufgehoben. Er konnte sich unsichtbar machen, Bilder schießen, die sonst keiner hatte – immer auf der Suche nach dem Exklusiven, dem Besonderen. Ganz so wie er war. Ein Original eben.
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Menschen haben ihn geliebt, ein paar nicht so sehr. Was hatte er, was Menschen angezogen hat? Er war wachsam, hat beobachtet, abgewogen, zugehört, und erst dann ein Urteil gebildet, meistens fair, und mit einem Rundumblick, der auch kleine Details nicht außen vor ließ.
Es gefiel ihm, unterschätzt zu werden
Ein besonderer Charakterzug: Persönliche Informationen über sich verteilte Ralph nicht mit der Gießkanne, sondern gab sie wohldosiert nur ausgewählten Menschen in seiner näheren Umgebung preis. Ihm gefiel es, unterschätzt zu werden. Er drängte sich ganz bewusst nie in den Vordergrund, sondern zog lieber aus dem Hintergrund die Fäden. Als Ghostwriter verfasste er Pressemitteilungen, die wenig später in seinem eigenen Postfach landeten. Er brachte hinter den Kulissen eine Vielzahl an Menschen zusammen und stellte Kontakte her, von denen alle Seiten profitieren konnten. Abseits der öffentlichen Berichterstattung.
Nur Wenige wissen von seiner beruflichen Laufbahn. Ralph war nicht der „Hobby-Journalist“, für den manche ihn hielten, als er 2006 die Weserbergland-Nachrichten.de ins Leben rief. Er hatte sich bei der Zeitung „Die Welt“ als Ressortleiter Deutschland (Innenpolitik) einen Namen gemacht, war Mitglied im exklusiven Zirkel der „Bonner Korrespondenten“. So hat er die bedeutenden Politiker der 80er Jahre persönlich kennengelernt. Schmidt, Brandt, Schröder, Kohl, Blüm.
Unerreichte Kreativität und unverwechselbare Kommentare
Im Redaktionsalltag hatte Ralph klare Prinzipien. Allen voran die übergeordnete Devise, dass Journalismus nicht an der Kreisgrenze aufhört. Außerdem mochte er keinen Kontakt per E-Mail, griff lieber zum Telefonhörer. Und beschleunigte dadurch nicht nur die Kommunikation, sondern bekam durch die geschickte Art zu fragen und seine unvergleichliche Rhetorik oft auch zusätzliche Informationen aus seinen Gesprächspartnern herausgekitzelt. Selbst wenn ihm das einmal nicht gelang, hatte er einen unbeschreiblichen Biss, an der Geschichte dranzubleiben. Nach dem Motto „Jetzt erst recht!“. Aufgeben war für ihn keine Option, allenfalls das Umschwenken auf Plan B oder Plan C. Eben ganz Vollblutjournalist.
Unvergessen bleibt die Kreativität, mit der Ralph Schlagzeilen schuf. Oft mit zielsicheren, passenden Wortspielen im Boulevard-Stil, die den Leser mit einem Schmunzeln direkt in die Geschichte hinein zogen. Beeindruckend sein assoziatives Denken, durch das er in wenigen Augenblicken die perfekte Überschrift ausformulieren konnte.
Bei Themen, die ihn besonders bewegten, nahm Ralph sich die Zeit, einen Kommentar zu verfassen. Mit dem unvergleichlich lyrischen Stil – oft einem Stakkato aus kurzen, prägnanten Sätzen – waren die Kommentare seine Meisterstücke. Oft polarisierend, aber stets mit einer nachvollziehbaren Argumentation seiner Sichtweise und manchmal einer ganz besonderen Detailverliebtheit. In jedem Fall gehörten sie zu den beliebtesten Artikeln der Weserbergland-Nachrichten.de.
Was bleibt, ist die Erinnerung
Es gäbe noch so viel mehr aus seinem Leben zu erzählen und zu seiner Persönlichkeit zu sagen. Ein kurzer Nachruf kann dem nicht gerecht werden. Hätte Ralph eine Autobiografie geschrieben – sie hätte sicher mehrere Bände und hunderte facettenreiche Kapitel umfasst. Am 23. Oktober 2024 endete seine persönliche Geschichte nun abrupt und unerwartet.
Der Verlust schmerzt. Doch Ralph Lorenz wird vielen Menschen in Erinnerung bleiben. Als jemand, der Dinge ins Rollen bringen und möglich machen konnte, die manche nicht für möglich gehalten hätten. Er bleibt in Erinnerung für seine Hilfsbereitschaft in schwierigen Situationen und für den Grundsatz, immer mit offenen Augen durchs Leben zu gehen. Denn: Überall gibt es Geschichten, man muss sie nur erkennen.
– Veronica Maguire und Frank Weber –