Der Kommentar
Der tägliche "Flirt" mit dem Risiko. Zwei Kommunalpolitiker greifen endlich zur Notbremse
Von Ralph L o r e n z
„Flinker, leichter, innovativer Regional-Triebzug“ – kurz „Flirt“ – heißt der ganze Stolz der Eurobahn. Der praktische Niederflurtriebzug mit der zügigen Beschleunigung, gebaut von Stadler, wird in der Schweiz ebenso eingesetzt wie in Ungarn. Und eben auch in Niedersachsen, im Weserbergland. Doch entweder liegt es am Konzept oder an der Wartung. Oder an beidem. Die Fahrgäste flirten schon lange nicht mehr mit dem "Flirt".
Das Ding versperrt den Berufspendlern und Schulkindern den Weg wenn sie aussteigen wollen. Oder wenn es ums Zusteigen geht. Mal geht’s hinten nicht. Dann wieder vorne. Die Türen sind der tägliche Überraschungsmoment. Das, nach Zeugenbekundungen, schon seit Monaten. Nicht nur auf der Coppenbrügger Strecke. Auch die Bahnreisenden Richtung Rinteln beklagen sich. Einige mussten schon unfreiwillig weiterfahren, weil die Türen nicht rechtzeitig aufgingen. Die Werbung mit dem "barrierefreien Zugang" ist da ein Witz. Probleme bereiteten auch die Toiletten in den zurückliegenden Tagen des Winterbetriebes. Hier wurde Totalausfall gemeldet. Das Zugpersonal gibt sich machtlos. Muss es aber nicht. Warum streikt es nicht mal im Interesse der Verkehrssicherheit für die Passagiere? Und nicht nur wenn es um mehr Geld für die eigene Tasche geht? Es hätte dann gewiss die Sympathien des Publikums auf seiner Seite. Aber in Wirklichkeit ist es mehr als eine Streikfrage und eine Machtprobe, mit wem auch immer. Es geht um die Betriebssicherheit. Um die Sicherheit der Passagiere. Was ist, wenn ein Feuer ausbricht und sich die Türen verweigern?
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Jeder Taxifahrer würde die Karre stehen lassen müssen, wenn die Fahrgäste über den Rücksitz klettern um nach außen zu gelangen. Im Falle sich nicht öffnender Türen dürfte der Zug gar nicht erst ausrücken. Haben die Verantwortlichen der Eurobahn Sonderkonditionen beim TÜV, beziehungsweise beim Eisenbahn-Bundesamt, das für die Genehmigungen zuständig ist? Steht der „leichte“ Triebzug auch für Sicherheit light? Drei Monate Pannenbetrieb sind exakt drei Monate zuviel. Die defekten Eurobahn-Chaisen gehören aufs Abstellgleis.
Es geht nicht nur um den Ruf der Eurobahn. Es geht auch um das Ansehen des öffentlichen Personen-Nahverkehrs im Weserbergland. Flirt klingt immer gut. Aber nicht Flirt mit dem Unfallrisiko. Die beiden Coppenbrügger Fraktionschefs, Thorsten Kellner und Michael Huisgen, haben hoffentlich mit ihrem offenen Brief an die Landesnahverkehrsgesellschaft in Hannover die Notbremse ziehen können. In der Erwartung, dass zumindest diese funktioniert.