Der Kommentar
Von der Weser ins Haifischbecken?
Von Ralph L o r e n z
Die Spekulation über Landrat Tjark Bartels als möglichen Nachfolger des in Bedrängnis geratenen Oberbürgermeisters Stefan Schostok in Hannover ist nicht neu.
Genau gesagt, ist sie nahezu eine Woche alt und damit schon wieder ziemlich abgestanden für die schnelllebige Welt der Schlagzeilen. Da hatte nämlich die überregionale Tageszeitung Die Welt neben Yasmin Fahimi und Matthias Miersch auch den Namen Bartels erwähnt. Ein spekulatives und ziemlich vages Namedropping unter Berufung auf Informanten aus der Landes-SPD. Der Vorgang zeigt zunächst einmal wie blank die Nerven der Spitzengenossen in Niedersachsen liegen.
Fortsetzung von Seite 1
Die Staatsanwaltschaft ermittelt weil Schostok vorgeworfen wird von unrechtmäßigen jahrelangen Gehaltszulagen an seinen ehemaligen Büroleiter Frank Herbert gewusst zu haben. Es ist eine sich zäh dahinziehende Rathausposse in der Landeshauptstadt, die auch zeigt, dass Schostok das Krisenmanagement nicht beherrscht.
Die Grünen in Hannover haben Schostok nahegelegt sein Amt erstmal ruhen zu lassen, die CDU hat ihm gar einen „Jahresurlaub“ empfohlen.
Jedenfalls sieht Handlungsfähigkeit anders aus, nachdem Staatsanwälte seine Amtsräume durchsucht hatten und ein latenter Verdacht über ihm schwebt. Schostok will aber trotz Ermittlungen als Oberbürgermeister ausharren.
Warum soll um himmelswillen der 49-jährige Tjark Bartels aus seinem sicheren Job als Landrat in Hameln-Pyrmont unter diesen Umständen in das Haifischbecken der Landeshauptstadt wechseln?
Dass er zu Höherem berufen sein könnte, wurde mehrfach spekuliert und ist seinem Image gewiss nicht abträglich. Bartels, der soeben von einer Dienstreise aus Israel zurückgekehrt ist, fällt auf weil er über den Tellerrand schaut. Er macht unterm Strich einen guten Job. Das hat er mit seiner ruhigen Hand bei der Bewältigung der Starkstromtrassen-Planung bewiesen. Ebenso als es um die Güterzugtrasse durchs Weserbergland ging. Wo andere Kirchturmpolitik betrieben hätten, hat er das Ganze gesehen und damit gepunktet.
Er hat überregionale Mitstreiter an einen Tisch gebracht und das Kunststück vollbracht ein Lösungsmodell zu schaffen, das auf andere Strukturplanungen übertragbar ist. In einer Denkweise planerischer Partnerschaft auf Augenhöhe.
Bei den Anfeindungen im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylbewerbern, begleitet von einer gehässigen Medienkampagne gegen ihn und seine Mitarbeiter, hat er sich Respekt erworben mit seinem Stehvermögen. Auffallend, dass ihm damals aus der Landes-SPD nicht unbedingt die Schützenhilfe zuteil geworden war, die er mit seiner Geradlinigkeit verdient hätte.
Aber das zeichnet eben auch einen Politiker mit Leitlinien und Führungsstärke aus. Er ist nicht nur ein Schönwetter-Politiker. Und damit hat er wiederum anderswo gepunktet. Nicht umsonst ist seine pragmatische Vorgehensweise mit einem Besuch des damaligen Außenministers und SPD-Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel geadelt worden.
Dabei tritt Bartels nicht als strammer Parteigänger auf. Auch er geht wie schon sein Amtsvorgänger Rüdiger Butte erkennbar seinen eigenen Weg. Bartels steht selbstbewusst und unangefochten in Hameln auf sicherem Boden, hat sich gleichwohl überregional in einschlägigen Kreisen einen Namen gemacht.
Da braucht er nicht noch den Schleudergang ins Rathaus von Hannover antreten, wo sich der hochgelobte Weil-Nachfolger Schostok in Rekordzeit verschlissen hat.
Nicht in diesem Jahr und auch nicht im nächsten muss Bartels die Stellenangebote in Niedersachsen studieren. Es gibt noch andere Herausforderungen. Anderswo.