Der Kommentar
Es hat nie "zwei Deutschlands" gegeben - und die Mauer ist auch nicht "gefallen"
Von R a l p h L o r e n z
Gedankenlos und geradezu lyrisch wird immer wieder vom „Fall der Mauer“ gesprochen. Dabei ist garnichts „gefallen“ in diesem Deutschen Herbst, der die Wiedervereinigung gebracht hat. Allenfalls die Blätter.
Nein, die Mauer ist überwunden, dann eingerissen worden. Beharrlich, mit dem eisernen Willen der Montagsmarschierer, die da riefen: "Wir sind das Volk". Und das ist in den Aufnahmen der damaligen Zeit eindrucksvoll festgehalten. Und es ist niemand von West nach Ost über die Mauer geklettert. Sondern sie sind alle aus dem Osten „rübergemacht“ über die Mauer. Soviel Wahrheit muss schon sein. Es ist das Lügengebäude des angeblich real existierenden Ulbricht- und Honecker-Sozialismus krachend eingestürzt.
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Der Verleger Axel Springer – „Bild“ und „Welt“ - hatte den Neubau seiner Verlagszentrale direkt an der Mauer errichtet.
Es war sein Signal des festen Glaubens an die Wiedervereinigung in Deutschland. Wie ist er doch dafür vom intellektuellen politischen Feuilleton verspottet worden.
Als „ewig Gestriger“, der die „Realitäten“ nicht anerkennen würde. Als Gestriger, der das Wort „DDR“ in Gänselatschen gesetzt hat.
Warum dieses Apostroph? Weil die sogenannte „DDR“ zwar deutsch - mit preußischem Stechschritt der "Volksarmee" - aber gewiss nicht demokratisch war. Das konnte jeder in der Welt sehen, der den Blick über die Mauer riskiert hat mit der die Betonkopfkommunisten ihr angeblich so fortschrittliches Volk eingemauert haben.
Angeblich wurde die Mauer nebst Stacheldrahtverhau errichtet um den Sozialismus vor dem Westen zu schützen. Als „Schutzwall gegen den Imperialismus“.
Weil alle ausgebeuteten "Kapitalismusknechte" der westdeutschen Wirtschaftswunder-Gesellschaft angeblich liebendgern in die „DDR“ wollten, dem Arbeiter-„Paradies“.
Doch wer ist denn schon in die vom Trabi-Gestank geschwängerte Gegenrichtung gezogen? Nach Ost-Berlin, nach Pankow, dem Eldorado der privilegierten SED-Funktionäre?
Zu den herzlich Wenigen gehörte übrigens der Vater der Bundeskanzlerin Angela Merkel, der als Pastor aus Hamburg in der „DDR“ sein Seelenheil gesucht hat und von den Sozialisten mit offenen Armen empfangen wurde. Merkel hat nie die Trostlosigkeit der sozialistischen Mangelwirtschaft und Bevormundungsgesellschaft am eigenen Leib erfahren müssen.
Ansonsten sind noch ein paar Terroristen unter dem Fahndungsdruck der Polizei nach begangenen Verbrechen in der Bundesrepublik in den „realen Sozialismus“ gestrebt.
Und bei dieser Gelegenheit sei auch mit der Lyrik „deutsch-deutsch“ aufgeräumt. Sie unterstellt, dass es „zwei Deutschlands“ gegeben habe. Stimmt nicht.
Es gab zwei Staaten, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten, aber in einem gemeinsamen Land – Deutschland.
Doch man hört sie in den Talkshows immer noch, diejenigen, die beschwingt von " deutsch-deutsch" faseln. Weil das irgendwie ganz toll klingen soll. Wie so mancher Quatsch, der rhythmisch gesprochen wird.
Ja, ich bekenne mich als „Ewiggestriger“. Ich hatte ganz altmodisch daran geglaubt, dass die Mauer beseitigt wird. Und der verbrecherische Schießbefehl des „DDR“-Regimes auf Fliehende an der innerdeutschen Grenze ein Ende hat.
Es war die historische Leistung der Montagsdemonstranten, des Bundeskanzlers Helmut Kohl und des sowjetischen Staatspräsidenten Michail Sergejewitsch Gorbatschow – und der moralische Sieg der angeblichen Lügenpresse aus dem Springerhochhaus an der Mauer.
Und noch ein Mann bedarf der ausdrücklichen Würdigung: Rudolf Seiters (CDU). Der Niedersachse war in diesen dramatischen Tagen der Deutschen Einheit Kohls Kanzleramtsminister. Er hat in stiller Diplomatie souverän und vorbildlich loyal einen großartigen Job gemacht. Weil das kaum einer zur Kenntnis genommen hat, deshalb war er so gut.