Das große I n t e r v i e w: Warum Landrat Rüdiger Butte nochmals kandidiert. Weshalb die Kreisumlage wieder ein Thema ist. Warum er nach Holzminden schaut
"Meine Frau sagt, dass ich zur Zeit noch nicht zu 100 Prozent im häuslichen Bereich einsetzbar bin"
Hameln (wbn). Hameln-Pyrmonts Landrat Rüdiger Butte (61) will es noch einmal wissen. Auf Vorschlag der SPD tritt er im kommenden Jahr erneut zur Wahl des Landrates an. War er beim ersten Mal der Überraschungskandidat im Weserbergland, so gilt er jetzt als kommunalpolitisches Schwergewicht in der Region. Gegenkandidaten sind noch nicht in Sicht. Rüdiger Butte stellt sich den Fragen der Weserbergland-Nachrichten.de und schaut über den Tellerrand der Tagespolitik hinaus.
Sie haben am Montag Ihren 61. Geburtstag gefeiert, herzlichen Glückwunsch übrigens und sind jetzt in einem Alter, in dem Sie sich schon mal eine sonnige Ruhebank am Weserufer aussuchen könnten. Warum tun Sie sich das jetzt nochmal an als Landrat zu kandidieren, mit der Drohung, dass Sie dann nochmals für acht Jahre gewählt werden und dann 70 sind?
Butte: Erstmal Danke für die Glückwünsche, zweitens habe ich noch nicht das Alter erreicht um mich auf eine Parkbank zurückzuziehen. Im Gegenteil, ich habe in den letzten Jahren in meiner Funktion als Landrat von Hameln-Pyrmont immer gern gearbeitet und versucht zum Wohle der Menschen zu arbeiten. Und ich weiß definitiv, dass große Herausforderungen auf uns zukommen.
Welche wären das?
Butte: Die größte Herausforderung, die auf uns zukommt, ist der Strukturwandel innerhalb des Bundesgebietes, wobei ich natürlich nur für die relevanten Fragestellungen vor Ort verantwortlich bin. Und das zweite ist der Spagat, der sich ergibt: Wir haben dringenden Handlungsbedarf mit Blick auf unsere Kinder und unsere Jugendlichen - auf der anderen Seite haben wir nicht immer das Geld, das wir benötigen um all das zu realisieren, was wir uns dabei wünschten. Insofern geht es darum, dass man mit dem wenigen Geld, das uns zur Verfügung steht, die Entscheidungen nach vorn bringt, die von Bedeutung für die Menschen in der Region sind.
Das Geld können Sie sich beschaffen, indem Sie die Kreisumlage erhöhen.
Butte: Das ist grundsätzlich richtig. Das ist eine der wenigen Einnahmequellen des Landkreises. Sie wissen, dass wir hier immer eine gewisse Zurückhaltung geübt haben. Wir schreiben zur Zeit 49,5 Punkte. Wir sind damit im ehemaligen Regierungsbezirk Hannover – wenn man so sagen will – der billigste Anbieter. Andere nehmen weitaus mehr. Das geht bis zur Größenordnung von 57 Punkten.
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Wo liegt dann das Problem?
Butte: Natürlich war das auch ein Thema, das wir im vergangenen Jahr mit der Politik erörtert haben. Es war politisch allerdings nicht durchsetzbar. Dazu muss man sagen, auf der einen Seite steht der Landkreis, auf der anderen Seite stehen die Kommunen, die ja in einer vergleichbaren finanziellen Situation sind. Gelegentlich höre ich die Aussage, wir schieben das Geld von der einen Tasche in die andere, aber zunächst einmal muss ich jedenfalls in die Kasse des Landkreises schauen und dafür Sorge tragen, dass wir die erforderliche Ausgleichsfunktion innerhalb eines höchst heterogenen Landkreises wahrnehmen können. Also, Sie wissen, dass unsere Kommunen höchst unterschiedlich aufgestellt sind. Wenn der Landkreis aber kein Geld hat um gewisse Ausgleiche herbeizuführen, dann sind auch die schwächeren Kommunen auch letztlich auf sich allein gestellt.
Die Kreisumlage kommt auf Wiedervorlage auf Ihren Schreibtisch?
Butte: Die Kreisumlage wird ein Thema sein, das wir in den nächsten Wochen zunächst intern in der Kreispolitik besprechen werden. Denn wenn wir an das Thema nicht herangehen, ergeben sich andere Fragestellungen. Die Einnahmeseite werden wir nicht verbessern können. Aus eigener Kraft jedenfalls nicht. Wir leben neben der Kreisumlage grundsätzlich nur noch von den Schlüsselzuweisungen des Landes. Und ich lehne mich da aus dem Fenster, indem ich sage: Da erwarte ich auch nichts Positives. Darüber hinaus haben wir nur noch die Jagdsteuer und sonst keine weiteren Einnahmen. Deshalb müssen wir dann schauen: Wie halten wir’s mit den Ausgaben? Und zu den Ausgaben – wir haben im letzten Jahr, nachdem am 13. Oktober die Hiobsbotschaft aus Hannover kam, es würden weitere fünf Millionen Euro fehlen – versucht darauf zu reagieren, indem wir entsprechende Einsparvorschläge unterbreitet haben.
Diese Einsparvorschläge waren mit teilweise tiefgreifenden Einschnitten verbunden und sind in der Politik höchst unterschiedlich bewertet worden. Auch da tut man sich natürlich schwer. Es ist eine schwierige Fragestellung und damit eine schwere Lösung, wie wir es hinbekommen bei zurückgehenden Einnahmen gewisse Kompensationen im Ausgabenbereich zu erzielen? Ohne dabei in Frage zu stellen, wo wir dringende Handlungsnotwendigkeiten haben. Und die bestehen mit Blick auf das Gros an „Ehrenamtlern“, die in der Region arbeiten. - Dafür an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön. - Wir müssen das Ehrenamt so hoch wie möglich wertschätzen. Wenn die sich zurückziehen, die schon viele Aufgaben ehrenamtlich wahrnehmen, die von der öffentlichen Hand wahrzunehmen sind, dann wäre mir angst und bange um die Region.
„Ich habe allerdings heute vor dem Hintergrund meiner Sorgen meine Mitarbeiter wissen lassen, dass ich keine Neueinstellungen vornehmen möchte…“
Wenn Ihnen aus der Kreisumlage mehr Geld zur Verfügung stehen würde, in welche Projekte würde das fließen?
Butte: Ich möchte einleitend noch mal zurückgreifen auf die Zahlen des letzten Haushaltes. Wir haben ja ein Defizit von round about 15 Millionen. Meine Prognose geht nicht dahin, dass wir zu einer Verbesserung kommen werden. Wir arbeiten also mit roten Zahlen. Unser Haushalt ist vom Innenministerium genehmigt worden, das uns bestätigt, dass wir grundsätzlich gute Entscheidungen getroffen haben. Trotzdem wird uns gelegentlich gesagt, da müsst ihr noch mehr Einsparpotenzial erarbeiten. Ich habe ja vorher die Aussage getroffen, wenn wir finanziell relativ handlungsunfähig werden, können wir weniger Unterstützungsaufgaben für die Kommunen wahrnehmen. Wir müssen uns orientieren an dem, was uns zur Verfügung steht. Und ein Punkt Kreisumlage bedeutet für den Landkreis Einnahmen in einer Größenordnung von 1,2 Millionen Euro. Diese wären aber je nach den Anteilen von den Kommunen aufzubringen und würden in den Kassen der Kommunen zunächst einmal fehlen. Diese Frage ist noch nicht abschließend beantwortet. Und Ihre Frage, welche Projekte wir damit begleiten, die muss politisch diskutiert werden.
Ich kann Ihnen nur sagen, was ich mir vorstellen könnte. Ich kann mir vorstellen, dass wir nicht unerhebliche Einsparungen erzielen werden, wenn wir die Verwaltung noch kostengünstiger aufstellen. Ich habe gleich am Anfang meiner Amtszeit erhebliche Einschnitte vorgenommen. Ich sage auch immer: Wenn man die Schrauben zu fest dreht, nach fest kommt ab, da muss man drauf achten. Wir haben eine nicht unerhebliche Arbeitsverdichtung. Ich habe allerdings heute vor dem Hintergrund meiner Sorgen meine Mitarbeiter wissen lassen, dass ich bis auf weiteres grundsätzlich keine Neueinstellungen vornehmen möchte. Selbst, wenn wir entsprechende Abgänge zu verzeichnen haben. Dafür möchte ich ab sofort unsere Ausbildungsquote verdoppeln. Unseren Nachbesetzungsbedarf lösen wir im Verwaltungsbereich über den eigenen Nachwuchs.
Dazu müssen wir uns vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung fragen, welche Optionen sich durch eine Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit ergeben? Ich glaube, dass wir dringenden Handlungsbedarf haben, sage aber auch: Damit werden wir die kommunalen Haushalte nicht retten können.
Wir haben eine finanzielle Schieflage. Insofern, dass wir in Teilbereichen nicht in der Lage sind unsere gesetzlichen Aufgaben mit dem zur Verfügung stehenden Finanzvolumen wahrzunehmen. Wir müssen gleichwohl vor Ort versuchen weiterhin zu sparen, ohne uns tot zu sparen. Mit Blick auf die Frage, die in den vergangenen Monaten diskutiert worden ist, und bei der gegenwärtig etwas Ruhe eingekehrt ist, nämlich die Frage, was passiert Landkreis übergreifend, vertrete ich nach wie vor die Auffassung, dass wir noch zu kleinräumig aufgestellt sind…
„Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass Holzminden auf der Weserschiene die Entscheidung zu treffen hat…“
…womit Sie jetzt also fließend zu dem Dauerbrenner-Thema Kreisreform kommen…
Butte: … dass man also genau hinschauen muss, welche Optionen sich ergeben. Ich glaube, dass das Weserbergland von sich behaupten kann, dass wir Vorzeigecharakter in Niedersachsen haben und gut zusammenarbeiten. Wir haben in der letzten Förderperiode etwa 120 Millionen EU-Mittel in die Region geholt. Das heißt: Aufgeteilt über die Landkreise Holzminden, Hameln-Pyrmont, Schaumburg - und in den vergangenen Jahren auch Nienburg. Es hat sich also bewährt übergreifend zu arbeiten. Die aktuelle Diskussion ist insofern schwieriger, als dass insbesondere der Landkreis Holzminden eine Problemlage hat. Die dortigen Gespräche sind nach meinem Dafürhalten etwas ins Stocken geraten.
„Ich bin Weserbergländer…“, sagt der Landrat und künftige Landratskandidat Rüdiger Butte
Inwiefern?
Butte: Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass Holzminden auf der Weserschiene die Entscheidung zu treffen hat: Was können wir machen? Es gibt ein Gesprächsangebot, das ich bereits im Februar 2009 dem dortigen Landrat unterbreitet habe. Anfang des Jahres 2010 habe ich dann nochmal nachgelegt, mit der Bitte ein gemeinsames Gespräch mit den politischen Spitzen und Landräten zu führen. Das ist leider nicht aufgegriffen worden. Jedenfalls in dieser Konstellation nicht. Ich habe den Eindruck vor dem Hintergrund der anstehenden Terminlage, dass im nächsten Jahr im Wahlkampf keiner bereit ist, sich während eines Wahlkampfes mit der Thematik zu befassen. Unabhängig davon sage ich, wir müssen an die Problematik heran.
Ich sage aber auch: In erster Linie ist das Land in der Pflicht. Das Land hat ja ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Februar 2010 vorliegen sollte, das sogenannte Hesse-Gutachten. Ich bin nicht in der Lage zu sagen, ob dieses Gutachten bereits offiziell vorliegt. Nach meinem Dafürhalten muss das Land die Fragen beantworten: Was will künftig die Landesregierung machen. Was soll auf Ebene der Landkreise und auf der Ebene der Kommunen geschehen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Landesregierung sagt, wir kommen grundsätzlich zu einer Gebietsänderung. Das wird nicht kommen, das sehe ich auch nicht als notwendig an. Es gibt bestimmte Bereiche, und dazu zähle ich das Weserbergland, weil es im relativ strukturschwachen Weserbergland eine besondere demographische Entwicklung geben wird und es hier eine besondere Problemlage im Landkreis Holzminden gibt.
Der Landkreis Holzminden muss sich die Frage stellen: Wie kann ich was gestalten – und zwar mit den Anrainern. Es kann ja keine Lösung geben, Holzminden mit Osterode und was auch immer. Und da haben wir Bereitschaft signalisiert. Da muss man abwarten, welche Fragestellungen aus Holzminden an uns herangetragen werden. Ich glaube man kann die Frage nicht so stellen, wie schon erfolgt, nämlich: Seid ihr bereit euch an einem Gutachten zu beteiligen? Da müsste man erst einmal über Ausgangsposition und gemeinsame Zielrichtung des Gutachtens sprechen.
"Ich möchte dazu beitragen, dass wir diese Region so lebenswert und liebenswert erhalten..."
Wir müssen Sicherheit schaffen in der Region, verlässliche Strukturen schaffen und Partner sein. Für die Bürger und die Wirtschaft. Wir kommen aus dem finanziellen Loch sowieso nur raus, wenn die Wirtschaft anspringt. Und deshalb sage ich: Wenn’s der Wirtschaft gut geht, geht’s auch der Region gut. Ich habe aus der Wirtschaft verschiedene Hinweise, die sagen: Ihre Philosophie ist die richtige. Wir müssen gemeinsamen schauen, was können wir verändern. Und mit Blick auf Ihre Ausgangsfrage: Wir alle wissen doch noch gar nicht wie lange die nächste Amtszeit sein wird.
Zunächst einmal brauche ich das Vertrauen der Menschen, um wieder gewählt zu werden. Ich hoffe, ich habe in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet, so dass die Menschen sich mit meiner Arbeit identifizieren. Wie lange meine Amtszeit läuft, ist für mich persönlich weniger von Interesse. Ich bin grundsätzlich bereit weiterzuarbeiten und trete dann an für eine Legislaturperiode. Die Frage, ob dies weiterhin acht Jahre sein werden für die Hauptverwaltungsbeamten - das sind ja alles politische Überlegungen - das muss man abwarten. Ich bin Weserbergländer. Ich möchte dazu beitragen, dass wir diese Region so lebenswert und liebenswert erhalten. Sie haben ja neulich berichtet, dass der hiesige Landrat noch im Landkreis Holzminden wohnt - das habe ich im Wahlkampf auch immer betont, dass ich meinen Wohnsitz nicht verlegen werde, eben weil ich im Weserbergland wohne. Dazu möchte ich schmunzelnd sagen, natürlich möchte ich den Menschen in Hameln-Pyrmont, aber auch in Holzminden unter die Augen treten können. Deshalb möchte ich eine sachgerechte Entscheidung haben.
Ist es Zufall, dass Sie die Parteien überhaupt nicht erwähnt haben? Welche Rolle erwarten Sie hierbei von der Politik. Eine stärkere als bisher?
Butte: Die Politik ist der Entscheidungsträger. Es gibt einen Landrat. Es gibt im Kreistag Hameln-Pyrmont 55 Abgeordnete. Und damit 55 Stimmberechtigte. Dazu gehöre auch ich. Natürlich braucht man für jede Entscheidung eine politische Mehrheit. Es besteht Einklang zwischen der hiesigen Politik, und zwar fraktionsübergreifend und mit dem Landrat, dass wir grundsätzlich bereit sind Gespräche zu führen. Aber Gespräche, die im Ergebnis dem Menschen vermittelbar sein müssen. Als die Thematik der Gespräche mit Northeim aufkam, habe ich sehr schnell gesagt: Das kann ich mir nicht vorstellen, weil es den Menschen nicht zu vermitteln ist. Und da hat mich meine Politik autorisiert, das weiterhin so zu sagen. Denn ich kann mir das wirklich nicht vorstellen. Es wäre ein mehr als künstliches Gebilde, weil wir hier im Weserbergland andere Optionen haben. Und meine Option heißt: Stärkung des Weserberglandes - und da liegt es nahe, mit den unmittelbaren Nachbarn Gespräche zu führen.
„Ich vermute, dass der Bereich zwischen 200.000 und 300.000 Bewohner der richtige Zuschnitt ist“
Das heißt, die Figuration, die Sie vorher mal genannt haben: Holzminden, Hameln-Pyrmont, Schaumburg - und eventuell sogar Nienburg - käme als künftiges Gebilde durchaus in Frage?
Butte: Das ist die REK – die Regionale Entwicklungskooperation. Aber mit Blick auf künftige Zuschnitte halte ich diesen Ansatz für total überzogen. Weil die Menschen in Holzminden sich nicht mit Nienburg identifizieren können und umgekehrt. Wir müssen mal schauen, was in dem Gutachten drinstehen wird, das das Land ja erwartet. Die Leitbildfrage für das Land lautet, welche Größenordnungen müssen politische Zuständigkeitsbereiche, wie zum Beispiel Landkreise haben. Ich erwarte nicht, dass da eine halbe Million drinsteht. Ich vermute, dass der Bereich zwischen 200.000 und 300.000 Bewohner der richtige Zuschnitt ist. Und dass man punktuell vor dem Hintergrund der jeweiligen Problemlagen dann gestalten kann.
Eine ganz andere Baustelle: Ist die Klimaschutzagentur, wie sie sich jetzt abzeichnet, das, was Sie einst vor Augen hatten?
Butte: Ich hatte ein anderes Gebilde vor Augen und zwar aus Kostengründen, indem ich gesagt habe 1. Wir haben umweltpolitische und 2. finanzielle Notwendigkeiten. Und ich wollte gern einen anderen Weg gehen mit einer Anbindung einer Geschäftsführung für kleineres Geld! Ich habe erkannt, dass es politisch-mehrheitlich nicht umsetzbar war und gesagt, wir müssen auf jeden Fall den Schritt gehen, weil ich aus umweltpolitischen Gründen eine Klimaschutzagentur für notwendig erachte. Aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Weil ich schlicht und einfach sage, wenn wir Energie sparen können, haben wir eventuell auch die Möglichkeit Investitionsprogramme für die heimische Wirtschaft aufzulegen und wir bringen den Menschen die Möglichkeit, sich kostengünstiger mit Energie zu versorgen.
Ich hoffe, dass wir im Juni auch in den Kommunen soweit sind, dass alle sagen: Jawohl, wir gehen den Weg. Ich möchte, dass wir in der Kreistagssitzung am 16. Juni zu der Beschlusslage kommen, die da lautet: Wir bringen die Energieagentur auf den Weg. Wir werden dann feststellen, welche Wirkung diese Energieagentur entfaltet. Ich gehe davon aus, dass wir dann auch erkennen werden, wie notwendig sie war und sie beibehalten wollen. Wir müssen nun endgültig an den Start gehen. Mit der Altlösung wären wir schon längst am Start gewesen! Aber ich bin bereit gewesen mich umzustellen.
"Wer ein, zwei Jahre die Straße kennen gelernt hat, der ist für das weitere Leben nur schwer zurückzugewinnen…"
Nun zum Wahlkämpfer Rüdiger Butte, der für die SPD antritt. Mit welchem politischen Ziel gehen Sie in die neuerliche Landratswahl?
Butte: Mein politisches Ziel ist es, dass wir uns noch mehr um die Schulabgänger kümmern, im Wissen, dass Schüler die Schule erfolgreich durchlaufen und trotzdem keinen Ausbildungsplatz bekommen. Und es gibt andere, die keinen Abschluss haben. Wie ich das mache, weiß ich im Einzelnen noch nicht, aber ich möchte die Botschaft herausgeben: Im Landkreis Hameln-Pyrmont verlässt kein Schüler die Schule um auf die Straße zu gehen! Neulich hat mir jemand gesagt: Berufswunsch Hartz IV-Empfänger. Das muss aus dem Sprachgebrauch gestrichen werden. Wer ein, zwei Jahre die Straße kennen gelernt hat, der ist für das weitere Leben nur schwer zurückzugewinnen. Das müssen wir mit der kreiseigenen Beschäftigungsagentur, mit dem Jobcenter gestalten. Das ist eines meiner politischen Ziele, indem ich sage: Gebt der Jugend eine Chance!
Weil wir schon beim Thema Schulen sind, auch da stehen einschneidende Entscheidungen an!
Butte: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir unsere Schulstandorte weiterhin stärken. Wir sind ganz gut aufgestellt, haben mit der KGS Salzhemmendorf eine weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannte Schule, bauen die KGS in Bad Münder auf, haben neu gebaut in Hessisch Oldendorf. Für mich heißt das in der Neuausrichtung, dass die Standorte, die an der Arbeit sind, weiter mit Leben, das heißt mit Schülern gefüllt werden. Fragen der Neubauten sind auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels gar nicht fassbar!
"Können die Kleinstschulen und Zwergschulen in der jetzigen Form auf Dauer aufrechterhalten werden?"
Wir haben mit der Stadt Hameln vor kurzem eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der wir schauen, wie wir Liegenschaften gemeinsam nutzen können. Wir müssen also intelligente Lösungen finden und die vorhandenen Standorte ausschöpfen. Das kann auch zu der Frage führen, die lautet: Können die Kleinstschulen und Zwergschulen in der jetzigen Form auf Dauer aufrechterhalten werden? Das Thema Grundschulen ist allerdings ein Thema der Kommunen. Ich glaube, wir müssen auch in Gänze über die Frage reden, was Landkreis und Kommunen betrifft: Wie gehen wir mit Schulträgerschaften um? Wir müssen eben Wege finden, noch stringenter zusammenzuarbeiten.
Das Weserbergland wird auch von Google-View erfasst und straßenweise abgelichtet. Ist Google auch schon bei Ihnen zuhause in Holzminden vorbeigefahren?
Butte: Das vermag ich nicht zu sagen, ich hab’s nicht festgestellt, habe aber ein gewissen Unbehagen in der Magengegend, das will ich ganz offen sagen. Auch vor dem Hintergrund der einen oder anderen Information aus den Medien. Wir müssen die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen und verstehen. Und ich möchte auch nicht, dass Otto Normalverbraucher als gläserner Mensch dargestellt wird. Ich habe auch mein Privatleben. Und das möchte ich weiter betreiben.
Würden Sie mit Ihren Nachbarn darauf dringen, dass Ihr Haus, das Haus Ihres Nachbarn und Ihre Straße nicht in Google auftauchen?
Butte: Ich habe mit meinen Nachbarn darüber noch nicht gesprochen und das Problem hat sich noch nicht gestellt. Ich behalte mir weitere Schritte vor und warte zunächst ab. Ich weiß, dass Kollegen ja bereits agiert und gesagt haben, da gehen wir rechtlich gegen an. Das Thema ist noch in Bewegung und wir müssen mal abwarten, wie sich die Rechtsprechung hierzu aufstellt.
Das heißt, Sie behalten sich auch für den Landkreis eine Reaktion vor?
Butte: Ich habe mich jetzt hierbei privat geäußert. Das haben wir als Landkreis so noch nicht besprochen. Das würden wir dann auch mit den Verbandsspitzen abstimmen, weil das dann von mehr Durchschlagskraft getragen ist.
Apropos absprechen. Haben Sie mit Ihrer Frau abgesprochen, dass Sie bis zu Ihrem 70. Lebensjahr zur Arbeit gehen wollen?
Butte: Das konnte ich so mit ihr noch nicht absprechen, weil ich nicht weiß, wie lange die nächste Amtszeit läuft. Mit meiner Frau ist abgesprochen, dass ich nochmal antrete. Sie weiß, dass ich gern für die Menschen im Weserbergland arbeite und hat auch festgestellt, dass ich zur Zeit noch nicht zu 100 Prozent im häuslichen Bereich einsetzbar bin.
Das Gespräch führte Ralph Lorenz
Fotovermerk: Pressestelle Kreishaus (3) / Lorenz (1)