Warnstreik der IG Metall vor der Aerzener Maschinenfabrik - Morgen Entscheidung des IG Metall-Bundesvorstands
In Sichtweite der Arbeitgeber-Verhandlungsführerin: Mehr als 1.000 Beschäftigte demonstrieren für 5,5 Prozent mehr Geld
Von Frank W e b e r
Aerzen/Hildesheim/München (wbn). Die dritte Runde bei den Tarifverhandlungen im Metall- und Elektrogewerbe hat auch das Weserbergland erfasst: Gestern morgen haben mehr als 1.000 Beschäftigte aus 16 Betrieben im Weserbergland gegenüber der Aerzener Maschinenfabrik für mehr Lohn demonstriert. Besonders pikant: Sie agierten in direkter Sichtweite des Büros der Verhandlungsführerin der niedersächsischen Metallarbeitgeber, Claudia Beckert.
Beckert hatte schon in der ersten Tarifrunde die klare Ansage gemacht, dass eine Zahl von 5,5 Prozent, wie sie von Gewerkschaftsseite gefordert wird, nicht zur wirtschaftlichen Lage der Betriebe passe. „Die Arbeitgeberseite scheint nicht kompromissbereit“, konterte Uwe Mebs im Gespräch mit den Weserbergland-Nachrichten.de Mebs ist erster Bevollmächtigter der IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim. Er warf der Arbeitgeberseite eine „Hinhaltetaktik“ vor.
Der Blick richtet sich heute auf Bayern
Der aktuelle Stand: Die IG Metall fordert in der laufenden Tarifrunde für die Beschäftigten in der niedersächsischen Metall- und Elektroindustrie eine Erhöhung der Entgelte um 5,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Der Arbeitgeberverband Niedersachsen Metall bietet die Anhebung der Entgelte ab dem 1. Juli um 2,3 Prozent für eine Laufzeit von 13 Monaten an. Allerdings sind zwei „Nullmonate“ vorgesehen: Für Mai und Juni 2013 soll es keine Entgelterhöhung geben.
(Zum Bild: Mehr als tausend Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie im Weserbergland haben am Montag auf der Gellerser Straße in Aerzen für eine bessere Entlohnung demonstriert. Foto: Weber)
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Für Uwe Mebs ist das kein Angebot, sondern schlicht „respektlos“.
Die Demonstranten vor der Aerzener Maschinenfabrik wussten diesem Unmut mit Transparenten und Trillerpfeifen Nachdruck zu verleihen. Dabei haben sie auch den entsprechenden Verdienstausfall hingenommen.
Die Stuhlreihen im vorderen Bereich der Warnstreikkundgebung waren unterdessen ein besonderer Wink mit dem Zaunpfahl, weiß Uwe Mebs. Medienberichten sei zu entnehmen gewesen, dass die Beschäftigten der Aerzener Maschinenfabrik von Zeit zu Zeit auf Betriebsversammlungen stehen mussten, weil der Arbeitgeber eine Bestuhlung verweigert hatte und sich der Betriebsrat erst durch die Instanzen klagen musste. Das hatten auch Vertrauensleute von Wabco aus Gronau mitbekommen und heute spontan für Sitzgelegenheiten in Aerzen gesorgt. Mebs: „Wir stehen zusammen, sozusagen auch im Sitzen!“ Gewissermaßen ein Sitzstreik der besonderen Art.
Schon heute soll ein weiterer Warnstreik in Hildesheim folgen. Die Arbeitgeberseite wird sich unterdessen am Nachmittag in Hannover beraten und danach möglicherweise ein neues Angebot vorlegen – oder zunächst die Entwicklung der Tarifverhandlungen in Süddeutschland abwarten. Ein Durchbruch wird bei den heutigen Tarifverhandlungen in Bayern erwartet, die somit ein Leitergebnis für den „Rest der Republik“ erbringen könnten.
Im baden-württembergischen Böblingen - einem Daimler-Standort - waren indessen die Tarifverhandlungen nach einem kurzen Gespräch geplatzt. In jedem Fall werde aber am Mittwoch der Bundesvorstand der IG Metall eine Entscheidung treffen, so Mathias Neumann, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim. Für ihn ist klar: „Es muss jetzt einen Abschluss geben!“. Noch sei ein Tarifabschluss am Verhandlungstisch möglich.