Der Kommentar
Der "Lebens"-Partner, der sich offensichtlich als "Todes"-Partner entpuppt hat
Von Ralph Lorenz
Die Bluttat von Delligsen macht sprachlos.
Was mag in der Mutter vorgehen, die ahnungslos mit Julians Bruder im Krankenhaus war als ihr sogenannter „Lebens“-Partner über ihren wehrlosen fünf Jahre alten Sohn Julian wie von Sinnen hergefallen ist und ihn bestialisch totgeschlagen haben muss? Sie kam nach Hause und suchte ihr Kind.
Sie wird es noch heute suchen. Denn dieses Geschehen lässt sich nicht begreifen. Sie hat sich von ihrem Kind nicht einmal verabschieden können, geschweige denn schützen.
Das Bündel eines leblosen, innerlich verbluteten Körpers, das am Mittwoch vormittag unter Gerümpel und Unrat in einem abgesperrten Verschlag am elterlichen Haus in Delligsen gefunden worden ist, wird sie kaum noch als ihren strahlenden Sohn wahrnehmen können. In der Presse war ein Bild von dem kleinen Julian zu sehen.
Ein neugieriger Junge mit offenem Lachen – und scheinbar das ganze Leben vor sich.
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Der innere Selbstschutz des Verdrängens wird dieser Mutter sagen, dass das alles nicht wahr sein kann. Es wird keine Worte geben, die ihr sagen können, was wirklich geschah als sie aus Fürsorge für das andere Kind in der Klinik war, während ihr Julian von einem offensichtlichen Junkie krankenhausreif und dann ins Grab geprügelt wurde.
Der sogenannte "Lebens"-Partner, der sich als Partner des Todes erwiesen hat, kann in der polizeilichen Vernehmung kein Motiv vorweisen. Er sei unter Aufputschmitteln gestanden, hat er wissen lassen. Sogenannte Amphetamine. Ist das schon wieder Berechnung? Will er eins auf Filmriss machen, sich strafmildernde Umstände durch einen Drogenrausch einhandeln? Er sei „provoziert“ worden, heißt es aus den Ermittlungsakten. Hat ihn Julian mit seiner kindlichen, unverfälschten Ehrlichkeit herausgefordert und den 26 Jahre alten, offenbar perspektivlosen Stiefvater dabei noch viel älter aussehen lassen?
Die Tat in ihrer bestialischen Grausamkeit stellt unser Rechtsempfinden und diesen Rechtsstaat auf eine wirklich harte Probe. Auch im Hinblick auf den verzweifelten leiblichen Vater, der sich um das Sorgerecht für seinen Sohn bemüht haben soll und ein gebrochener Mann ist.
Das Schlimmste aber ist das sich hernach einstellende Selbstmitleid der wehleidigen Täter. Sensibel dosiert durch einfühlsame psychologische Begleiter. Und noch schlimmer sind die Entschuldigungs- und Mitleidsrituale, auf die diese Täter sich in unserer Gesellschaft mehr verlassen können als auf die angemessene Strafe, die ihnen eigentlich zustehen müsste. Und zum Schluß gibt es dann immer noch eine Frau, die sich in den einsitzenden Knastbruder verliebt… Je härter der Typ um so größer die Romanze.
Schließlich will jeder eine zweite, eine dritte, eine vierte und fünfte Chance.
Julian hatte sie nicht.
Er hatte gar keine.