Für einige Stunden "hinter Gittern"
Das 96 U19-Team auf Visite in der Jugendanstalt Hameln
Donnerstag 30. März 2023 - Hameln / Tündern (wbn). "Nur zu Besuch" war die U19, die Mannschaft von Trainer Dirk Lottner, in der Justizvollzugsanstalt Hameln.
Regelmäßig fahren U19-Mannschaften von Hannover 96 nach Hameln, um dort die Jugendanstalt zu besuchen und sich einen Eindruck von der Situation der Inhaftierten zu verschaffen. "Wir arbeiten schon lange und partnerschaftlich mit der Jugendanstalt zusammen und freuen uns, nach der Corona-Pandemie diese Reisen wieder für unsere U19 anbieten zu können", erklärt Danny Haasler, pädagogischer Mitarbeiter und Organisator des Austauschs in der 96-Akademie. Für die Spieler und das Trainerteam war es eine ungewöhnliche Erfahrung, sich auf einmal hinter Gittern wiederzufinden.
(Zum Bild: Michael Wehmann, Sportdienst Einsatzteamausbilder der Jugendanstalt, gibt eine Einführung in die Anstalt für das 96 U 19 Team. Foto: Dirk Köster)
Nach dem Besuch steht der Sport im Mittelpunkt. In der Turnhalle können die Jungs sich bei Fußball und Basketball ein wenig erholen, bevor der nächste Punkt auf dem Programm steht. Der Austausch mit den Straftätern. Die Inhaftierten, die in die Halle kommen, sind genauso alt wie die U19-Spieler. Manche von ihnen sitzen schon zwei Jahre in Haft. Gegenseitig stellen sich beide Gruppen Fragen. Wie geht es Dir in der Haft? Was machst Du als erstes, wenn Du wieder rauskommst? Könnt ihr im Gefängnis Fußball gucken? Das sind einige der Fragen, die die U19-Spieler von Hannover 96 von den Häftlingen wissen möchten. Umgekehrt haben auch die Gefangenen Fragen an die angehenden Profis. Für sie ist der Besuch der 96-Spieler ein Highlight in ihrem tristen Alltag. Auch das ist Teil des Programms, Perspektivwechsel für beide Seiten zu ermöglichen.
Die Zusammenarbeit zwischen der Jugendanstalt Hameln und der 96-Akademie besteht bereits seit vielen Jahren. Seit 2018 verantwortet Danny Haasler bei 96 das Projekt und beschreibt die Ziele aus 96-Sicht: "Wir wollen unseren jungen Spielern den Perspektivwechsel ermöglichen. Klar weiß jeder, der als Besucher hierherkommt, dass er abends wieder zuhause bei seiner Familie und seinen Freunden ist. Wenn dann aber ein Inhaftierter berichtet, dass er am ersten Tag seiner Haft in seiner Zelle sitzt und denkt, 'diese vier Wände sind jetzt für die nächsten zwei Jahre meine Freunde', dann beeindruckt das schon." Dass ein solcher Besuch aufwühlt und die jungen Spieler beschäftigt, ist Teil des Konzepts: "Ich glaube, dass das ein spannender Tag für die Jungen war. Nach der Visite im Knast kommen dann die Gedanken und Gespräche, innerhalb der Mannschaft, aber auch mit mir als pädagogischem Mitarbeiter. Diese Reflexion ist wichtig und wird auch von uns begleitet", macht Haasler deutlich.
Die Kooperation mit der Jugendanstalt erfolgt auf mehreren Ebenen, innerhalb und außerhalb der eigentlichen Haftanstalt. Erst im vergangenen Dezember sind Mitarbeiter aus verschiedenen Justizvollzugsanstalten aus ganz Deutschland in der 96-Akademie zu Gast gewesen, um sich auf fachlicher Ebene auszutauschen und zu vernetzen. "Das machen wir gerne und wollen diese Angebote auch in Zukunft fortsetzen und ausbauen", gibt Hassler einen Ausblick in die Zukunftsplanungen.
Hannover 96 bedankte sich bei den Verantwortlichen für den gelungenen Tag und die Einblicke in eine Welt, die den meisten von uns hoffentlich immer fremd bleiben wird.