Ein ehemaliger Förster in Börry begibt sich mit seinem Erstlingskrimi in das finstere Unterholz der Pädophilen
"Die Lanzen des Siloschwanzes" spießen den Missbrauch auf
Von Ralph L o r e n z
Samstag 30. Sepember 2023 - Börry (wbn). Die Feuerwehrfrau mittleren Alters sieht ihn von der anderen Straßenseite und wechselt spontan zu ihm rüber, herzt Karl-Heinz Strohmeyer. Den Krimiautor.
Ein emotionales Dankeschön für seinen Roman „Die Lanzen des Siloschwanzes“, erschienen in diesem Jahr. Es sind viele Frauen, die sich von dem Roman derart angesprochen fühlen. Weil die Art des Schreibens Platz zwischen den Zeilen lässt. Das zeichnet einen Roman aus, der literarische Erzähler-Qualität zu erkennen gibt. Frauen sind anspruchsvoll und feinsinnig. Das weiß Strohmeyer auch als Freizeit-Bühnenautor. Doch was hat er, was andere nicht unbedingt haben?
Als Krimi-Schreiber noch keinerlei Erfahrung. Es ist sein erster Roman. Und genau dies ist seine Stärke.
(Zum Bild: Roman „Die Lanzen des Siloschwanzes“ (Seitenanzahl: 234) Erschienen im Novum-Verlag. ISBN: 978-3-99131-789-0 Erscheinungsdatum: 24.1.2023)
Fortsetzung von Seite 1
Ein präziser Beobachter der Natur. Und der Natur des Menschen
Es ist nicht der übliche routinierte Krimisound quasi mit dem Blick über die Schulter der Ermittler und Staatsanwälte hinweg, wo der Leser schon Teil des investigativen Teams ist.
Nein. Er ist nah bei den Opfern und entwickelt aus ihrer beklommenen Perspektive heraus die Handlung. Die schüchtern-zarte Berührung zweier Jugendlicher, geduckt durch eine Hecke zum Nachbargrundstück hindurch. Im Schlagrhythmus des klopfenden Herzens und der Heimlichkeit.
Der pensionierte Förster Strohmeyer kennt sich aus mit dem Unterholz. Und dem Dickicht, das Überraschungen birgt. Auch dem menschlichen.
Die Mischung präziser Naturbeobachtung und kindlicher Entdeckerperspektive im Sog der Erwachsenenwelt erzeugt die Faszination der Strohmeyer‘schen Erzählweise.
Und was gerade noch als romantischer Entwurf einer ländlichen Idylle erschien, das beginnt auf hässliche Weise zu bröckeln. Im See treibt eine Leiche.
Strohmeyer beschreibt geradezu sadistisch genau die Verletzungen der Männerleiche. Untenrum und unter Wasser. Ausgelöst durch einen Siloschwanz aus dem Gerätearsenal der Landwirtschaft.
Es bleibt nicht bei diesem Toten.
Dem Leser kommt ein Verdacht. Das wird doch nicht etwa…
Auch den beiden Kommissaren. Mehr sei nicht verraten.
Opfer, die sich wehren und damit jegliche Phantasie sprengen
Ja, es werden durchaus starke Nerven gefordert. Aber das Grundthema geht ohnehin an die Nerven.
Vor allem in dieser Zeit, da immer mehr Missbrauchsfälle aufgedeckt werden. In den Kirchen. In den Kindergärten. In Jugendeinrichtungen und Sportvereinen. Überall dort, wo Erwachsene Macht über Kinder bekommen und beanspruchen und dabei noch ihr Vertrauen einfordern.
Und es gibt Mütter, die den Tätern unfreiwillig in die Karten spielen. Naiv bis gutgläubig. Dreist. Bequem bis gleichgültig.
Strohmeyer schreibt schon an einer Fortsetzung der Tragödie. Wie das Leben auch. Die entsprechenden Nachrichten reißen nicht ab.
Die Fortsetzung liefert mit ihren Nachrichten die Heimatzeitung am frühen Morgen. Aber es gibt Opfer, die sich wehren und damit jegliche Phantasie sprengen.
Dieses Handlungsszenario ist zu Strohmeyers Thema geworden. Er hat eine Fährte aufgenommen, mit der Beharrlichkeit seiner Jagdhunde, die er ganz nebenbei auch kompetent ausbildet. Sie springen ins schnellfließende Wasser der Weser, wenn’s sein muss. Das gegen den Strom der Gleichgültigkeit-Anschwimmen erfordert Kraft. Und den Kompass der Moral in der ruhigen Hand.