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Für Behinderte ist die "Hameln, angenehm"-Stadt unangenehm geworden

„Komm, wie Du bist!“ – aber bitte ohne Toilettenbesuch!

Freitag 12. November 2021 - Hameln (wbn). Dieses Jahr war das Motto der Stadt Hameln „Komm, wie Du bist!“. Eine nette Idee, doch für Menschen mit Behinderungen ein Schlag ins Gesicht. Und von „Hameln, angenehm“ konnte auch keine Rede sein. Denn die Situation für Behinderte in der Touristenstadt hat sich ins Unangenehme verlagert.

Neben einer nach wie vor massiv fehlenden Barrierefreiheit bei Geschäften und Cafés wurde sogar bereits bestehende Infrastruktur für behinderte Menschen zurückgebaut und am 3. November das zentralste Behinderten-WC in der Innenstadt von Hameln dem Erdboden gleich gemacht: Die Stadtwerke Hameln ließen die WC-Anlage am Kopmanshof abreißen. Ein Ersatz ist nicht vorgesehen. Die Stadtverwaltung argumentiert, dass es bereits genügend barrierefreie Toiletten in der Altstadt gäbe.

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Da sich die Stadt Hameln bis heute weigert, einen Beirat für Menschen mit Behinderung zu gründen, sehen sich mit dieser Pressemitteilung der Beirat für Menschen mit Behinderungen des Landkreises, die Lebenshilfe Hameln Pyrmont e.V, das Forum Inklusion sowie das Kuratorium zur Förderung der Inklusion gezwungen Stellung zu beziehen und widersprechen der Stadt Hameln entschieden.

Es gibt bei Weitem nicht genügend barrierefreie öffentliche Toilettenanlagen in der Innenstadt! Nur am Europaplatz an der Rattenfänger-Halle sowie im Tunnel Grüner Reiter befinden sich dauerhaft zugänglich barrierefreie WC-Anlagen, wobei diese im Winter bitterkalt sind, was für viele behinderte Menschen oft ein weiteres, großes Problem darstellt.

Zwar verweist die Stadt auf die Stadt-Galerie und das FIZ, doch sind diese nur zu den Öffnungszeiten erreichbar und für Unwissende nicht aufzufinden, da sie nicht ausgeschildert sind.

Ideal gelegen in der Hamelner Innenstadt

Die Toilette am Kopmanshof hatte für Menschen mit Behinderung viele Vorteile: Sie war, wenn auch in die Jahre gekommen, ideal gelegen und stellte praktisch das Pendant zu den nicht-barrierefreien WC-Anlagen im Hochzeitshaus dar. Es gibt am Kopmanshof die größte Anzahl von Behinderten-Parkplätzen sowie zusätzlich welche im Parkhaus Kopmanshof.

Auch viele Menschen mit Rollator oder Gehhilfe nutzten diese Toilette noch schnell, bevor sie ihr Auto aus dem Parkhaus holten. Denn diese war, im Gegensatz zu anderen Behinderten-WCs, auch ohne Euro-Behinderten-WC-Schlüssel nutzbar.

Wer hingegen die Toilette am Rondell oder Europaplatz nutzen möchte, während man nur mal eben was in der Innenstadt erledigen will, muss schon gut zu Fuß sein. Hierbei handelt es sich um klare Diskriminierung: „Diese Wege würde man Menschen ohne Behinderung niemals zumuten“, betont Nina Schaper, Vorsitzende des Beirats für Menschen mit Behinderungen des Landkreises. „Denn die Stadt Hameln lässt ja auch nicht die Toiletten im Hochzeitshaus mit Verweis auf die Stadtgalerie schließen.“

Ähnliches gilt für die Toilette im Tunnel Grüner Reiter. Zwar gibt es lange Rollstuhlrampen um diese Anlage überhaupt erreichen zu können. Doch während Menschen ohne Behinderung bequem und nahezu ebenerdig die Toilettenanlage im Bürgergarten aufsuchen können, muss ein Mensch im Rollstuhl oder mit Gehhilfe einen erheblichen Kraftaufwand leisten, um das WC im Tunnel überhaupt zu erreichen, bzw. wieder aus dem Tunnel heraus zu gelangen. Gleiches gilt auch für das Behinderten-WC am Europaplatz, welches sich ebenfalls unterhalb des Erdniveaus befindet und nur über lange Rampen erreichbar ist.

Es gibt aber ein noch viel wesentlicheres Problem: Für nichtbehinderte Menschen ist es selbstverständlich, als Gäste von Cafés oder Restaurants die jeweiligen Gäste-WCs zu nutzen. Viele unserer Kneipen, Cafés und Restaurants haben aber immer noch keine zugänglichen Toiletten für all ihre Gäste. „Jeder nichtbehinderte Gast würde dem Betreiber den Vogel zeigen, wenn dieser ihn auf die Frage nach den Toiletten durch die halbe Innenstadt laufen ließe.“, so Schaper.  Auch hier bleibt die Stadtverwaltung tatenlos. So erhalten neue Restaurants sogar Genehmigungen, einst stufenlose Geschäfte mit einer Stufe zu versehen. Das ist aktive und gewollte Ausgrenzung.

Die Stadt Hameln hat mit ihrem Motto „Komm, wie Du bist!“ ein Versprechen abgegeben, was sie nicht hält. Die jetzige Entscheidung und Begründung zeugt von Ignoranz und offensichtlicher Unkenntnis der Lebensrealität von Menschen mit Behinderung.

Deshalb fordern der Beirat für Menschen mit Behinderung, die Lebenshilfe, das Forum Inklusion und das Kuratorium zur Förderung der Inklusion, zumindest einen zentralen und gut erreichbaren Ersatz für die abgerissene Toilettenanlage am Kopmanshof zu schaffen, um den ohnehin bestehenden Mangel an barrierefreien Toiletten zu begegnen.

„Bevor man sich jetzt aber falschen Illusionen hingibt:“, mahnt Schaper vorsorglich, „Selbst mit einem Ersatz für das abgerissene Behinderten-WC, wäre die Stadt Hameln noch sehr weit von einem diskriminierungsfreien Idealzustand entfernt.“

Transparenzhinweis der Redaktion: Dieser Beitrag basiert auf der Mitteilung des Beirats für Menschen mit Behinderungen des Landkreises Hameln Pyrmont, der  Lebenshilfe Hameln Pyrmont e. V. , des Forums Inklusion sowie des Kuratoriums zur Förderung der Inklusion.

 

 

 

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