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Nach Lügde, Münster und dem portugiesischen Praia da Luz

Pistorius zieht mit "Künstlicher Intelligenz" (KI) gegen die mörderischen Kinderpornographen zu Felde

Mittwoch 10. Juni 2020 - Hannover (wbn). Gewaltige Datenmengen erschweren den Kampf gegen den unvorstellbaren Pornomüll der Kinderschänder im Internet. Die Sichtung des unerträglichen Materials wird auch zur Belastung, die an die Grenzen psychischer Verkraftbarkeit durch die Ermittler geht. Jetzt macht sich die Polizei in dieser Herausforderung der Darknet-Seelen-Killer in Niedersachsen die „Künstliche Intelligenz“ (KI) zunutze.

Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen gab heute den Startschuss für den sogenannten bundesweiten Rollout – gewissermaßen die „Einführung“ (die Redaktion) - der durch Landeskriminalamt-Experten entwickelten Software zur Bekämpfung von Kinderpornografie. Die seit Anfang des Jahres in Niedersachsen eingesetzte Software wird im Rahmen des Programms "Polizei 2020" den Polizeibehörden aus Bund und Ländern zur Verfügung gestellt.

 

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Nachfolgend eine entsprechende Mitteilung des Niedersächsischen Innenministeriums im Wortlaut: „Der niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, begrüßt diesen Schritt: "Erst in den vergangenen Tagen haben wir wieder von den entsetzlichen Fällen in Münster und anderen Orten in Deutschland erfahren. Wir müssen die Täter mit allen Möglichkeiten, die der technische Fortschritt uns bietet, verfolgen. Die Verbreitung von Kinderpornographie ist inzwischen ein Verbrechen, das fast ausschließlich digital begangen wird. Zum Schutz der Opfer ist es wichtig, auch die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz bei der Strafverfolgung zu nutzen, in Niedersachsen hat das LKA in diesem Zusammenhang sehr fortschrittliche Methoden entwickelt. Ich freue mich sehr über das große Interesse aus dem Bund und den Ländern an unserer Software zur Bekämpfung der Kinderpornografie mittels Künstlicher Intelligenz und danke den Kolleginnen und Kollegen des Landeskriminalamtes für ihr großes Engagement und die Kreativität bei der Entwicklung."

In den vergangenen Jahren sind die Datenmengen, die durch die Polizei im Rahmen von Ermittlungen beschlagnahmt und ausgewertet werden müssen, auf ein kaum mehr handhabbares Niveau angestiegen. Kinder- und jugendpornografische Dateien werden zunehmend über das Internet, mittels mobiler Endgeräte oder über Messengerdienste und Tauschbörsen verbreitet. Das führt zu stetig steigenden Fallzahlen: 2019 wurden in Niedersachsen 75 Prozent mehr Fälle von Verbreitung pornografischer Schriften registriert als noch im Vorjahr. Die riesigen Mengen an Bild- und Videomaterial stellen die Sicherheitsbehörden vor Probleme, da die Daten vollständig gesichtet und ausgewertet werden müssen. Nach kriminalistischer Erfahrung sind in den überwiegenden Ermittlungsverfahren drei Viertel der zu sichtenden Dateien nicht tatrelevant.

"Der unaufhaltsame technische Fortschritt, die zunehmende internationale Verflechtung sowie die gigantische Bilderflut stellen immer neue Herausforderungen an effiziente polizeiliche Ermittlungen", so der LKA-Präsident Friedo de Vries. "Durch technische Innovation gewinnen wir wertvolle Zeit, die ermöglicht, schnell weitere Täter zu identifizieren und noch andauernden Missbrauch zu beenden."

Seit Anfang des Jahres setzt die Polizei in Niedersachsen im Rahmen eines Pilotprojektes eine Software auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) ein, die durch IT-Experten des LKA Niedersachsen entwickelt und darauf trainiert wurde, relevante von unrelevanten Daten zu trennen. Diese bisher bundesweit einmalige Eigenentwicklung unterstützt durch die automatisierte Vorsortierung eine wesentlich schnellere Sichtung beschlagnahmter Bilder und Videos. Der hohe manuelle Sichtungsaufwand bei den beteiligten Stellen und damit verbundene lange Verfahrensdauern sollen damit deutlich reduziert werden.

Minister Pistorius: "Wir tun alles, um die Polizeikräfte, die sich mit kinderpornografischen Dateien befassen müssen, zu entlasten. Durch den Einsatz dieser Technik werden die Datenmengen, die sich unsere Expertinnen und Experten ansehen müssen, erheblich reduziert. Auch dadurch beschleunigen sich die Verfahren. Das hilft dabei, Täterinnen und Täter noch schneller zu ermitteln."

"Das Ausmaß sexuellen Missbrauchs und das dadurch verursachte Leid machen fassungslos. Wir müssen alles daransetzen, Kinder schnellstmöglich aus diesen Situationen zu befreien und die Täter mit der vollen Härte des Gesetzes zu bestrafen", ergänzt de Vries.

Die zentrale Aufgabe des im Bundeskriminalamt (BKA) koordinierten Programms "Polizei 2020", einem der größten Projekte der öffentlichen Verwaltung, ist es, eine gemeinsame digitale Plattform mit modernen, bedarfsgerechten Anwendungen für alle Polizeien des Bundes und der Länder bereitzustellen: für eine erhöhte Datenqualität, einen verbesserten Datenschutz und die Entlastung von personellen und finanziellen Ressource - kurz: für eine noch effektivere Polizeiarbeit in Deutschland. Die ersten Schritte auf dem Weg hin zu einer bundesweit einheitlichen technischen Infrastruktur sehen vor, auch bestehende Lösungen für besondere Anforderungsbereiche für alle Bundes- und Landesbehörden zur Verfügung zu stellen.

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Erkennung von (Kinder-) Pornografie ist eine dieser Lösungen, die interessierten Bundesländern unter festgelegten Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden. Bereits vor der Einführung in Niedersachsen haben einige Bundesländer großes Interesse an der Überlassung und Nutzung der KI-Software bekundet. Erste Bundesländer sowie das BKA haben technische Experten entsandt, um die KI-Software einsatzbereit mit nach Hause zu nehmen.

"Die bisherigen Ergebnisse unserer Software sind beeindruckend. Wir hoffen, durch den bundesweiten Rollout einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Kinderpornografie zu leisten. Dabei stellen wir jetzt unsere Eigenentwicklung anderen Bundesländern im gemeinsamen Kampf gegen Kinderpornografie zur Verfügung", so de Vries.

Die ersten Rückmeldungen aus den Flächenbehörden in Niedersachsen zeigen bereits, dass die Software den Erwartungen gerecht wird und "nicht relevantes" Bildmaterial erfolgreich vorselektiert. Niedersachsen blickt nun mit Spannung auf die Rückmeldungen der Pilotteilnehmer, die die Software ebenfalls kritisch prüfen werden.“

 

 

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