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Regierungserklärung im Niedersächsischen Landtag

Stephan Weil zeigt sich gelassen: Merkels Corona-Notbremse erachtet er für Niedersachsen als "unnötig - aber auch unschädlich"

Mittwoch 21. April 2021 - Hannover (wbn). Unnötig – aber auch unschädlich. Auf diese Formel hat es Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil in seiner heutigen Regierungserklärung mehrfach gebracht als es um die Bewertung der Corona-Notbremse ging, die zeitgleich auch im Bundestag beraten worden ist.

Denn Niedersachsen habe sich – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – weitgehend an die in Berlin vorgegebenen Corona-Regelungen gehalten und diese zum Teil noch schärfer gefasst. Also besteht kein Nachholbedarf aus Sicht der Landesregierung in Hannover. Kritische Anmerkungen machte Weil hingegen erneut zur Ausgangssperre, vor allem in ihrer pauschalen Form.

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Nachfolgend ein Auszug aus der heutigen Regierungserklärung zu diesem Themenbereich: „In Niedersachsen bedarf es keiner Bundesregelung zur Umsetzung der Notbremse, in anderen Länder offenbar schon. Das ist nicht wirklich ein Kompliment für die Zuverlässigkeit bei der Umsetzung gemeinsamer Beschlüsse – ein Problem, das ich in den vergangenen Monaten immer wieder an dieser Stelle ansprechen musste.

Wenn vor diesem Hintergrund die Bundesregierung darauf gedrungen hat, die Notbremse durch ein Bundesgesetz verbindlich festzusetzen, war das für Niedersachsen unnötig, aber auch unschädlich.

Nunmehr liegt uns der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen auf Bundesebene vor, über den zur Stunde im Deutschen Bundestag beraten wird. Alles in allem bleibt es bei der Bewertung: Unnötig, aber auch unschädlich.

Im Einzelnen gibt es da aber schon noch eine Reihe von Anmerkungen. Dass mit diesem Vorschlag der Infektionsschutz nunmehr massiv vorangetrieben wird, lässt sich nun wirklich nicht behaupten. Würden wir in Niedersachsen alle Spielräume nutzen, die mit den Änderungen zu erwarten sind, stände unser Land vor vielen Lockerungen. Auch vor diesem Hintergrund bleibt die Landesregierung bei ihrer vorsichtigen Linie.

Wir werden nur einzelne dieser Spielräume nutzen. Das gilt für Kinder und Jugendliche, wo die Altersgrenzen bei den Kontaktbeschränkungen auf 14 Jahre erhöht wird. Bis zu diesem Alter werden Kinder künftig nicht mitgerechnet. Und wir wollen bis zu einem Inzidenzwert von 150 „click and meet“ im Einzelhandel zulassen, auch das erscheint uns gut vertretbar. Von besonderem Interesse sind natürlich vor allem die Vorschläge für eine nächtliche Ausgangsbeschränkung oberhalb einer Inzidenz von 100.

In Niedersachen haben wir dieses Thema bislang verfassungskonform dahingehend gelöst, dass die Kommunen die Pflicht zur Prüfung einer solchen Maßnahme haben, wobei selbstverständlich die Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Ab einem Inzidenzwert von 150 sollen grundsätzlich nächtliche Ausgangsbeschränkungen angeordnet werden.

Unzweifelhaft sind Ausgangsbeschränkungen ein schwerer Grundrechtseingriff, der einer überzeugten Begründung bedarf. Diese Begründung liegt nicht in der Bewegung einzelner Menschen an der frischen Luft, es geht um etwas Anderes. Infektionen finden bei Kontakten statt und Kontakten geht in vielen, in den meisten Fällen Mobilität und Bewegung voraus. Ausgangsbeschränkungen sollen also verhindern, dass es zu Kontakten kommt.

Im internationalen Vergleich gibt es kaum ein Land, das in der Zwischenzeit nicht auf die eine oder andere Weise dieses Mittel ergreifen musste. In Niedersachsen sind wir damit bislang eher zurückhaltend umgegangen, aber es gibt auch bei uns gute Beispiele etwa aus der Grafschaft Bentheim oder den Landkreisen Gifhorn und Peine. Dort berichten die Verantwortlichen von positiven Auswirkungen der Ausgangssperren.

Das OVG in Lüneburg hat allerdings sehr hohe Anforderungen an die Begründung von nächtlichen Ausgangsbeschränkungen gestellt. Auf Seiten der Kommunen hat diese Rechtsprechung erkennbar die Zurückhaltung noch einmal deutlich erhöht, solche Maßnahmen auch tatsächlich zu ergreifen.

Die Bundespolitik schlägt jetzt einen anderen Weg vor: Sie will einen Automatismus – bei einem Inzidenzwert von 100 soll automatisch eine nächtliche Ausgangsbeschränkung von 22.00 bis 05.00 Uhr gelten. Einzelpersonen sollen sich bis 24.00 Uhr draußen aufhalten dürfen zur körperlichen Bewegung. Auf dieser Grundlage sind in Niedersachsen in vielen weiteren Regionen Ausgangsbeschränkungen zu erwarten.

Sie wissen, dass ich noch im letzten Frühjahr der damaligen Diskussion um Ausgangssperren sehr kritisch gegenübergestanden habe. In der Zwischenzeit haben sich allerdings die Verhältnisse grundlegend verändert.

Die Infektionslage ist derzeit in Deutschland wesentlich gefährlicher als vor einem Jahr und zugleich sind viele Maßnahmen, die damals ergriffen worden sind, inzwischen schon seit etlichen Monaten in Kraft. Deswegen halte ich Ausgangsbeschränkungen bei hohen Infektionszahlen für richtig, wenn es keine milderen Möglichkeiten gibt, die Situation zu verbessern.

Ob das Gesetz aber auch automatisch einen solchen Eingriff bei einem bestimmten Inzidenzwert vorsehen kann, ist dagegen sehr streitig.

Eine gerichtliche Klärung der Rechtsfragen dürfte in Kürze durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen.“

 

 

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