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Weserbergland-Nachrichten.de

 



Zweifel an professioneller Distanz: Umarmung und Küsschen für die Schuldner? FDP-Staatssekretär lässt entschieden dementieren

Zwei Zeugen wollen Oliver Liersch als Cemag-Insolvenzverwalter in einer verwunderlichen Situation gesehen haben

Hameln/Hannover (wbn). In Hameln sind hinweisgestützte Zweifel aufgekommen, ob der seinerzeitige Cemag-Insolvenzverwalter und jetzige Staatssekretär im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium Dr. Oliver Liersch (FDP) von vornherein wirklich in der Lage gewesen sein könne, die Insolvenzverwaltung nach der Cemag-Pleite mit der erforderlichen professionellen Distanz abzuwickeln.

Der international tätige Anlagenbauer Cemag gehörte den aus Persien stammenden Brüdern Ali und Akbar Fard, die sich in der Rattenfängerstadt Hameln innerhalb nur weniger Jahre ein kleines Imperium mit acht Firmen aufgebaut hatten und in der Cemag 400 Mitarbeiter beschäftigten, wobei es keinen Betriebsrat gab. Die Beobachtung zweier Zufalls-Zeugen aus der Zeit, da Liersch vom Amtsgericht Hameln offiziell mit der Insolvenz des millionenschweren Unternehmens betraut worden ist, könnte einem Verdacht des Interessenkonfliktes gegenüber den Hunderten von Gläubigern unerwartet Nahrung geben, die am Ende leer ausgegangen sind. Den Weserbergland-Nachrichten.de liegt eine verbindliche Aussage über eine Beobachtung im Juli 2009 vor. Zwei Personen wollen demzufolge zufällig gesehen haben wie der zuvor zum Insolvenzverwalter bestellte Fachanwalt Dr. Oliver Liersch „ungewöhnlich überschwänglich wie ein alter Bekannter das Ehepaar Fard begrüßt“ habe.

(Zum Bild: Staatssekretär Dr. Oliver Liersch (FDP) war vor seiner Zeit im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium als Insolvenzverwalter mit dem Cemag-Fall in Hameln befasst. Die von Zeugen behauptete Nähe zu dem Schuldner Akbar Fard hat er gegenüber den Weserbergland-Nachrichten.de von einer Ministeriumsmitarbeiterin kategorisch bestreiten lassen. Foto: Wirtschaftsministerium)

 

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„Dann hat er Frau Astrid Fard strahlend auf beide Wangen geküsst…“

Er sei im dunklen Anzug gekommen, mit Krawatte und „aalglatt“ erschienen. Wörtlich heißt es in der schriftlich niedergelegten Augenzeugen-Aussage: „Herr Dr. Liersch ist aus einer schweren Limousine mit H-Kennzeichen (für Hannover) ausgestiegen und hat sowohl Herrn Akbar Fard als auch Frau Astrid Fard begrüßt. Er hat zuerst Herrn Fard überschwänglich umarmt und seinen Kopf an die Seite von Herrn Fard gedrückt, so wie es innige Freunde machen. Dann hat er Frau Astrid Fard strahlend auf beide Wangen geküsst, was bei den Zeugen ebenfalls den Eindruck eines innigen und sehr freundschaftlichen Verhältnisses hat vermitteln lassen. Sodann ist Herr Dr. Liersch zu dem Fahrzeug, mit dem er gekommen ist, zurückgekehrt und hat eine große Arbeitstasche entnommen. Ferner hat er eine Flasche Sekt oder Champagner oder Prosecco herausgenommen…“

Diese Szene habe sich in die Erinnerung der Zeugen eingebrannt, weil sie „es bis dahin nicht für möglich gehalten“ hätten, dass ein „zu neutraler, professioneller Distanz verpflichteter Insolvenzverwalter, der vor allem den Gläubigern verpflichtet ist, dieses Gebaren gegenüber einem der Hauptschuldner an den Tag legt.“ In der Öffentlichkeit habe der damalige Insolvenzverwalter Liersch, soweit die Zeugen das beurteilen könnten, niemals erkennen lassen wie freundschaftlich verbunden er offenbar mit der Schuldnerseite sei. Oliver Liersch war damals nicht nur Insolvenzverwalter sondern auch Generalsekretär der FDP. Einer der beiden Fard-Brüder soll auch der FDP beigetreten sein. Wenige Wochen nach dieser Episode ist Oliver Liersch aus der Kanzlei, für die er in Hannover tätig war, ausgeschieden und hat auch die Insolvenzverwaltung an einen Kollegen aus der gleichen Kanzlei abgegeben. Grund: Er war als Staatssekretär in das Niedersächsische Wirtschaftsministerium berufen worden, das freilich auch mit den Folgen des Cemag-Dramas befasst war. Dort, im Wirtschaftsministerium, soll Liersch allerdings eine klare Linie gefahren und konsequent allen Anschein vermieden haben, weiterhin mit dem Cemag-Pleitefall befasst zu sein.

Der Versuch eine Stellungnahme zu erhalten

Die Weserbergland-Nachrichten.de waren in den zurückliegenden Tagen bemüht Staatssekretär Dr. Liersch die Möglichkeit der Stellungnahme zu geben. Ein unmittelbares Gespräch kam nicht zustande. Ohne auf eine namentliche Nennung wert zu legen, ließ allerdings eine Mitarbeiterin des Ministeriums offenbar nach Rücksprache mit Liersch durchblicken, dass  er keinerlei private Beziehungen zu Akbar Fard und dessen Frau habe. Auch habe er dessen Villengrundstück niemals betreten. Weiterhin sei vor Dr. Oliver Liersch kein anderer Insolvenzverwalter in der Cemag-Angelegenheit eingesetzt gewesen. Grundsätzlich sah es die Ministeriumsmitarbeiterin aus formalen Gründen als schwierig an sich aus ihrem Hause heraus zu einem Vorgang zu äußern, der sich ausschließlich auf die Zeit vor dem Eintritt in das Ministerium bezieht.  Sie gab den Weserbergland-Nachrichten.de die Telefonnummer der früheren Liersch-Kanzlei, die eine überregionale Rechtsanwaltsgesellschaft mit Schwerpunkt Sanierung und Insolvenz ist. Dort sei eventuell weitere Auskunft einzuholen. Ein Anruf bei der dortigen stellvertretenden Pressesprecherin führte nach gut drei Stunden zu der kryptischen Aussage: „Wir können zu der Sache nichts sagen. Er ist nicht bei uns.“

Sollte der Insolvenzauftrag ursprünglich an eine andere Kanzlei gehen?

Zuvor hatten die Weserbergland-Nachrichten.de unter Bezugnahme auf die der Redaktion vorliegende Aussage der beiden Zeugen die Kanzleisprecherin gefragt, ob der seinerzeitige Insolvenzverwalter Liersch mit den Schuldnern Fard befreundet gewesen sei, beziehungsweise sie privat gekannt habe. Auch war die Frage hinterlegt worden, ob es zutreffe oder bekannt gewesen sei, dass zunächst eine andere Kanzlei als die von Insolvenzverwalter Liersch für die Übernahme des Cemag-Falles im Gespräch gewesen sei. Die Weserbergland-Nachrichten.de haben Informationen, dass zunächst ein anderer Insolvenzspezialist aus einer anderen niedersächsischen Kanzlei nach Hameln gefahren und wohl auch angefordert worden ist. Nach einigen Stunden Aufenthalt in Hameln kam er aber nicht zum Zuge. Wegen der Größe des Falles, so eine Hintergrundinformation, ist dann eine Rechtsanwaltskanzlei mit größerem Potential beauftragt worden. Es war die Kanzlei, in der der damalige FDP-Generalsekretär Liersch tätig war. Für einen Gläubiger-Sprecher stellen sich jetzt erst recht Fragen:  Hans-Jürgen Herwig aus Hameln verweist auf Gerüchte aus dem November 2009. Demzufolge wäre dann plötzlich durch "höhere Vermittlung" Dr. Liersch beauftragt worden, der später auch unerwartet in das FDP-geführte Wirtschaftsministerium gewechselt ist. Im Amtsgericht Hameln ist ein solcher Eingriff von oben nie bestätigt worden, gleichwohl hat das Getuschel hinter vorgehaltener Hand lange angehalten.

Ein Gläubiger-Sprecher: Es kann zu Nachteilen der 900 Gläubiger gekommen sein

Gegenüber den Weserbergland-Nachrichten.de spricht der Gläubiger-Sprecher von „ungewöhnlichen Umständen“. Diese könnten „für die Gläubiger Nachteile gebracht haben, denn am Beginn eines Insolvenz-Antragsverfahrens werden wichtige und entscheidende Schritte, also hier vom  Insolvenzverwalter Dr. Liersch, eingeleitet“. Herwig weiter: „Es kann also  wegen eventueller Interessenkonflikte des ersten Insolvenzverwalters Dr. Liersch in den ersten Monaten des Insolvenz-Antragverfahrens, zu Nachteilen der 900 Gläubiger mit mehreren hundert Millionen Euro an Forderungen gekommen sein, was nun zu klären wäre.“  Als Bevollmächtigter ist er zur Gläubigerversammlung abgeordnet worden und gehört zum Kreis der Cemag-Gläubiger-Interessengemeinschaft regionaler 25 geschädigter Geschäftsleute, die auch mit seiner Unterstützung gegen die Cemag-Vorstände Ali und Akbar Fard Anzeige wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung gestellt hatten. Herwig: „Dieserhalb wurde ich auch als Zeuge im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hannnover vom Landeskriminalamt vernommen.“

Die Forderungen sind jetzt Schall und Rauch

Nach der jetzt in den Raum gestellten Umarmungs- und Küsschen-Beobachtung könnte er die Zeugen dafür knutschen. Mehr denn je fragen sich die Handwerker und trauernden Hinterbliebenen des Fard‘schen Wirtschaftswunders im Weserbergland wo das ganze Geld des Cemag-Imperiums geblieben ist. Dabei wird den Gläubigern viel Gutgläubigkeit abverlangt. Zeichen und Wunder inklusive.

Gläubiger-Sprecher Herwig kann dazu folgende Aufzählung beitragen, die den Begriff Familienunternehmen in völlig neuem Licht erscheinen lässt: „Zwei Fard-Ehefrauen, drei Fard-Kinder und ein Fard-Neffe aus England sowie Fard-Cemag-Ex-Manager haben inzwischen in Springe, Dessau und Hannover fünf neue Gesellschaften gegründet und sogar ehemalige Cemag-Firmen (Dubai) zurückgekauft oder Haus-Immobilien zurückersteigert. Für die CMP Dessau erhielten sie sogar Anfang 2010 von der Immobilienbank des Landes Sachsen-Anhalt etwa drei Millionen neue Fördergelder.“ Und natürlich sind die Fard-Brüder Ali und Akbar Fard auch nicht außen vorgeblieben. Bei vielen der neu aus dem Boden gesprossenen Unternehmen fungieren sie als gut dotierte „Honorarberater“. Áber Fakt ist:  Viele Mittelständler in der Region sind leer ausgegangen. Ein bestellter Feuerwerker hat bei einem Freudenfeuerwerk für die Fard-Brüder buchstäblich ein kleines Vermögen verpulvert – seine Forderungen sind jetzt Schall und Rauch.

 

 

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