Es geht um das Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue Syndrom
Vorstoß der CDU-Landtagsfraktion für Einrichtung von „ME/CFS“-Ambulanzen
Dienstag 27. Juni 2023 - Hannover (wbn). Die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag hat einen Entschließungsantrag ins Parlament eingebracht, der die Einrichtung von Beratungsstellen und interdisziplinären „ME/CFS“-Ambulanzen fordert.
„ME/CFS“ steht für das Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom. In dem Antrag wird auch mehr Forschung und Aufklärungsarbeit gefordert. Dieser Entschließungsantrag, der insgesamt 19 Forderungen an die Landesregierung aufstellt, ist direkt in den Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung verwiesen worden, wo er nach der Sommerpause beraten wird.
Der Antrag geht auch auf einen Vorstoß des CDU-Kreisverbandes Hameln-Pyrmont zurück. Nachfolgend die entsprechende Pressemitteilung der CDU im Wortlaut:
„ME/CFS – für die schätzungsweise bis zu 250.000 bis 400.000 Betroffenen in Deutschland beendet diese chronische Multisystemerkrankung das Leben, wie sie es kannten. Die oft
jungen Menschen voller Energie und Plänen werden schlagartig in eine Realität katapul-
tiert, in der selbst kleinere Belastungen zu einer Verschlechterung der Symptome führen
und viele von ihnen die Wohnung nicht mehr verlassen können. Zudem sehen sich die Er-
krankten einer Situation ausgesetzt, die sie zurecht als Gesundheitsskandal empfinden:
Kaum spezialisierte Ärztinnen und Ärzte, keine Behandlungszentren, viel zu wenig For-
schung, eine mit Fehlbefunden und Stigmatisierung gespickte Odyssee zur Diagnose und
keine geeigneten Therapien, sondern oft solche, die die Krankheit noch verschlimmern.
Der Handlungsbedarf ist sehr groß, damit die ME/CFS-Erkrankten nicht mehr durch das
Raster des Gesundheitssystems fallen. Und er könnte weiter wachsen. Denn es ist davon
auszugehen, dass durch die Corona-Pandemie in Folge einer COVID-19-Infektion mehrere
Hundertausende hinzugekommen sind. Bereits vor dem Auftreten von SARS-CoV-2 trat
ME/CFS häufig nach Virusinfektionen auf.
Doch was ist ME/CFS überhaupt?
ME/CFS steht für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS)
und ist eine komplexe, schwere multisystemische Erkrankung, die bislang nicht heilbar ist.
Bereits im Jahr 1969 wurde sie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem ICD-
10 Code G 93.3 als neurologische Krankheit klassifiziert. Betroffene leiden unter einer
schweren „Fatigue“, einer körperlichen Schwäche oder Entkräftung, die nicht mit Müdigkeit
zu verwechseln ist, wie sie gesunde Menschen kennen. Solche Begriffe bagatellisieren die
Schwere der Erkrankung und haben zur Missachtung der Krankheit beigetragen. Hinzu
kommen zahlreiche weitere Symptome wie z. B. Herzrasen, Schwindel, Magen-Darm-
Störungen, Schlafstörungen, Reizüberempfindlichkeit, Brainfog (Einschränkung des Denk-
vermögens), Konzentrationsstörungen, Schmerzen (Kopf, Muskeln, Nerven etc.) grippe-
ähnliche Symptome, Überempfindlichkeiten sowie Unverträglichkeiten gegenüber Nah-
rungsmitteln, Medikamenten oder Chemikalien.
Charakteristisch ist eine Belastungsintoleranz, das heißt, dass sich die Symptome nach
geringer körperlicher oder geistiger Anstrengung oder Belastung verstärken, nicht selten
dauerhaft. Diese Crashs, die sogenannten Post-Exertional-Malaise (PEM) können unmit-
telbar oder mit einer zeitlichen Verzögerung auftreten und gehen unter anderem mit aus-
geprägter Schwäche und deutlicher Zunahme der bereits erwähnten Symptome einher.
ME/CFS zeigt zudem Überlappungen zu Krankheitsbildern wie z. B. Fibromyalgie, MCAS
(Mastzellaktivierungssyndrom) oder Ehlers-Danlos-Syndrom.
Die ME/CFS-Erkrankten – darunter 40.000 Kinder und Jugendliche – werden von der
Krankheit aus ihrem Leben gerissen und sind plötzlich auf Hilfe oder gar dauerhafte Pflege
angewiesen. Ihr gewohnter Alltag wird unmöglich, Pläne – privat wie beruflich – müssen
aufgegeben werden. Dabei ist die Schwere der Krankheit recht unterschiedlich. Sechs von
zehn Betroffenen sind arbeitsunfähig und ein Viertel von ihnen kann die Wohnung nicht
mehr verlassen. Sehr schwer Betroffenen ist es unmöglich, ihr Bett zu verlassen oder äu-
ßere Reize wie etwa Licht, Geräusche, Berührungen oder Gerüche zu ertragen. All diese
Umstände tragen dazu bei, dass die Erkrankten und ihr Leiden viel zu lange unsichtbar
geblieben sind. Sie verschwinden leise – und damit auch ihre Anliegen, ihr Recht auf eine
Gesundheitsversorgung, wie sie in Deutschland eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Um die Situation der ME/CFS-Betroffenen zu verbessern und dringend überfällige Fort-
schritte bei der Forschung sowie medizinischer, pflegerischer und sozialer Betreuung an-
zustoßen hat die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag am 13. Juni 2023 einen
Entschließungsantrag (Drucksache 19/1583) ins Parlament eingebracht, der unter ande-
rem die Einrichtung von Beratungsstellen, interdisziplinären ME/CFS-Ambulanzen, mehr
Forschung und Aufklärungsarbeit fordert. Dieser Entschließungsantrag, der insgesamt 19
Forderungen an die Landesregierung aufstellt, ist direkt in den Ausschuss für Soziales,
Gesundheit und Gleichstellung verwiesen worden, wo er nach der Sommerpause beraten
wird.
Dass sich der Niedersächsische Landtag mit diesem wichtigen Thema beschäftigt, ist auch
dem Einsatz aus Hameln-Pyrmont zu verdanken. Denn mit dem eingebrachten Entschlie-
ßungsantrag greift die CDU-Landtagsfraktion einen Beschluss des CDU-Landesparteitags
vom 21. Januar 2023 zur Verbesserung der Situation von ME/CFS-Betroffenen auf, der
wiederum auf einen Antrag des CDU-Kreisverbandes Hameln-Pyrmont zurückgeht.
Die Initiative hierzu ging von einem Mitglied aus, das selbst Angehöriger einer schwerst an
ME/CFS erkrankten Tochter ist, und darum ist es der CDU Hameln-Pyrmont ein besonde-
res Anliegen, weiter auf eine Verbesserung der Lage zu drängen. Nicht zuletzt auch des-
halb, weil die Antwort des Landessozialministeriums auf einen ersten gemeinsamen Antrag
der Landtagsfraktionen von CDU und SPD zu ME/CFS vom 17. Mai 2022 alles andere als
befriedigend ausfiel.
Barbara Otte-Kinast, Landtagsabgeordnete aus Bad Münder und Vizepräsidentin des Nie-
dersächsischen Landtages beurteilte den Entschließungsantrag als wichtigen Schritt zur
Verbesserung der katastrophalen Versorgungslage der ME/CFS-Betroffenen. Sie sagte:
„Ich möchte den Erkrankten und ihren Angehörigen eine Stimme geben, um der
Wichtigkeit dieses Anliegens Ausdruck zu verleihen. Politik, Gesellschaft und Ge-
sundheitswesen müssen sich endlich den Herausforderungen dieser Krankheit stellen.“