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Der Kommentar

War Weil so gut? Althusmann so schlecht? Oder Mutti an allem schuld?

Von Ralph L o r e n z

Ist es so ein vergifteter Sieg, wie ihn McAllister erleben musste, als 2013 seine CDU wieder die stärkste Fraktion im Landtag gestellt hatte und dennoch am Wahlabend erste Vorzeichen einer sich anbahnenden rot-grünen Regierungsmehrheit von einer „Missachtung des Wählerwillens“ gekündet haben?

In Berlin wird Stephan Weil an diesem Montagmorgen als neues Wunderkind herumgereicht, das in Niedersachsen die alle verzückende Wunderkerze entzündet hat. „Die SPD hat gezeigt, dass sie noch gewinnen kann“, war eine Redewendung von gestern Abend und heute Morgen, die, bei näherem Hinhören, als Lob nicht weniger vergiftet ist. Man muss sich das nur mal auf der Zunge zergehen lassen. Soweit ist es auf Bundesebene also schon gekommen, dass die Fähigkeit der SPD eine Landtagswahl gewinnen zu können abhanden gekommen sein sollte bis der Einzelkämpfer aus dem Niedersachsentief als Lichtgestalt hervortrat! In der Niedersachsen-CDU stellt sich wiederum die Frage: War Althusmann als Spitzenmann so farblos oder der Gegenwind aus Berlin so stark, dass der ehemalige Niedersachsen-Kultusminister wider Erwarten ein so miserables Ergebnis eingefahren hat?

 

 

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Im August lag die Weil-SPD noch 12 Prozent hinter der Althusmann-CDU.

Was hat also der Niedersachsen-CDU dermaßen die Ernte im Goldenen Oktober verhagelt?

Der Grund kann nicht allein in der Person Weil zu suchen sein. Einem Ministerpräsidenten, der im Sommer angeschlagen schien und nun über Nacht als Lichtgestalt taugt. Es drängt sich vielmehr die Frage auf, wieviel Merkel steckt in diesem dramatischen Pleite-Ergebnis der Niedersachsen-CDU, die erstmals nach 19 Jahren nicht mehr die stärkste Fraktion im Landtag stellen kann und damit auch an Selbstbewusstsein eingebüßt hat.

Die Niederlage an der Leine geht auf das Konto von Angela Merkel. Es hatte sich noch in der Bundestagswahlnacht mit den spektakulären Stimmenverlusten der Bundes-CDU die Kanzlerinnen-Botschaft tief in die Wählerseele eingebrannt, angeblich nichts falsch gemacht zu haben.

Wörtlich sagte Angela Merkel in unnachahmlicher Schlichtheit:  "Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten."

Unbelehrbarkeit, Arroganz, Abgehobenheit stecken in diesem Satz der Angela Merkel, die ihr Handeln gern als alternativlos beschreibt. Das ist den niedersächsischen Christdemokraten wochenlang um die Ohren geflogen.

Dieser Merkel-Trotz nährt die Trotzreaktionen, von denen der politische Gegner nicht nur in Niedersachsen zehrt. Ein einzigartiges Wahlgeschenk für den Wahlkämpfer Weil, der sicher auch eine Menge falsch gemacht hat, dem realitätsferne Merkel-Rauten-Statements dieser Art aber völlig fremd sind.

So hat Mutti Merkel prompt den nächsten Denkzettel verabreicht bekommen.

Die Wähler in Niedersachsen haben in dieser Wahlnacht zwei Signale ausgesendet: Sie sind Rot-Grün in Hannover leid und sie haben genug von der Alternativ- und Einfallslosigkeit der alten Merkel-Regierung. Basta.

Jetzt kommt ausgerechnet die große Stunde der Liberalen und der Grünen, die beide gerupft aus diesem Wahlabend hervorgegangen sind. Sie werden vom Wahlsieger gebraucht um die Mehrheit zu beschaffen.

Doch da hat die Birkner-FDP schon vor der Wahl Kante gezeigt und spielt weiterhin nicht mit, obwohl die Versuchung stark sein dürfte. Für eine Ampel-Koalition Rot, Gelb, Grün stehen die Freidemokraten nicht zur Verfügung weil sie nicht auf die Rolle des Mehrheitsbeschaffers degradiert werden wollen, der inhaltlich nichts bewegen kann.

Am Wahlabend wurde dieses Mantra eisern wiederholt.

Bleibt Jamaika: Schwarz, Grün, Gelb. Wirkt noch bekiffter als in Berlin, weil verbissene Wolfs-Befürworter und Wolfs-Gegner sich in einem Schaugehege wiederfinden, der gelbe Bauernführer Grupe aus Eschershausen sich mit dem Ringelschwanz-Grünen Meyer auf ein- und derselben Mistkarre auf holprigem Weg den Platz teilen soll – wachsam die Forke im Anschlag.

Wenn Althusmann das hinkriegen würde, hätte er die Qualitäten eines Zirkusdirektors und die Stimmen von PETA.

Doch würde das Niedersachsen voranbringen auf den Feldern der Inneren Sicherheit, der irregeleiteten Schulpolitik und der Aufsicht im nicht endenwollenden VW-Skandal?

Und dann wäre noch diejenige Konstellation, über die am Abend der Niedersachsen-Wahl am wenigsten gesprochen wurde. Weil niemand den Teufel an die Wand malen mochte. Die GroKo an der Leine.

Ob Twesten das gewollt hat? Die kann nun wirklich nicht für alles verantwortlich gemacht werden.

Doch sie hat Geschichte geschrieben – und zumindest am Wahlabend Stephan Weil einen Gefallen getan. Er ist in der SPD plötzlich Everybody's Darling. Sowas wie der Kramp-Karrenbauer der SPD. Und Rot-Rot-Grün hat er auch verhindert. Wie.genau, das weiß kein Mensch.

 

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