Beschluß von historischer Tragweite - trotz heftiger Kritik der betroffenen Eltern
Konsequente Entscheidung: Keine Kinder, keine Schulen - drei Grundschulen in Salzhemmendorf machen auf absehbare Zeit dicht
Salzhemmendorf (wbn). Eine historische Entscheidung, doch Salzhemmendorfs Gemeinderäte stehen mit dem Rücken zur Wand und sehen keine andere Wahl: Das Grundschulentwicklungskonzept in Salzhemmendorf ist gestern Abend von allen Fraktionen und Gruppierungen bis auf die Gegenstimme von Udo Stenger einmütig verabschiedet worden. Es sieht vor, dass aufgrund der demographischen Entwicklung – im Klartext aufgrund des dramatischen Geburtenrückganges – an drei Standorten in Abständen die Grundschulen geschlossen werden und das Grundschulangebot letztlich im Ortskern von Salzhemmendorf konzentriert wird.
Dagegen hatte eine Elterninitiative heftig protestiert. Die Schulschließungen sollen in Lauenstein im Jahre 2013 erfolgen, im Ortsteil Wallensen 2015 und in Oldendorf 2018. Dazu muss allerdings noch die Genehmigung der Schulbehörde eingeholt werden. Wenn der Ortsteil Oldendorf seine Zweizügigkeit retten könnte, würde der Schulbetrieb allerdings auch an zwei Standorten stattfinden können.
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Dem gestern Abend gefassten Beschluss liegt folgender Antrag zugrunde, der von der Mehrheitsgruppe der CDU und den Grünen sowie von der SPD ausformuliert worden ist:
Grundschul-Entwicklungskonzept Flecken Salzhemmendorf
In Folge der demographischen Veränderungen nimmt die Zahl Salzhemmendorfer Kinder im Grundschulalter in den bereits geborenen Jahrgängen und nach gesicherten Prognosen darüber hinaus gehend in den nächsten Jahren drastisch ab.
Salzhemmendorf hat 4 Grundschulstandorte. Der Rückgang der Schülerzahlen führt dazu, dass heute noch zweizügige Standorte einzügig werden und an den heute einzügigen Schulen Zweizügigkeit nicht wieder erreicht werden kann bzw. sogar Kombijahrgänge beschult werden müssen. Schon die gesicherten Geburtenzahlen weisen außerdem für den Einschulungsjahrgang 2015 für das gesamte Gemeindegebiet nur noch die Schülerzahl von 3 Klassen aus.
Ein- oder halbzügige Grundschulen müssen die gestiegenen Anforderungen an den heutigen Grundschulbetrieb mit wenigen Lehrkräften, teils ohne adäquaten Fachlehrereinsatz und teils ohne optimale räumliche und sächliche Ausstattung gewährleisten.
Mit großer Kreativität und besonderem ehrenamtlichen Engagement der Elternschaft und von Organisationen aus den Ortschaften gelingt es den Grundschulen, ein Unterrichtsangebot auf hohem Niveau zur Verfügung zu stellen. 3 Standorte haben sogar ein Ganztagsangebot realisiert. Diesem Engagement gebührt größte Anerkennung und Wertschätzung.
Bei der Zielsetzung und Planung eines langfristigen, zukunftsfähigen Gesamtkonzeptes für die Entwicklung der Grundschulen im Flecken nimmt der Gemeinderat eine Gesamtverantwortung wahr für Kinder und Eltern in allen Ortsteilen und über die aktuellen Gegebenheiten hinaus.
In dieser Gesamtverantwortung erkennt der Rat die besonderen Leistungen der Grundschulen an, folgt aber dennoch der überwiegenden Expertenauffassung, wonach die erforderliche qualitative und quantitative Unterrichtsversorgung kontinuierlich und unabhängig von ehrenamtlichen Leistungen und dem Einsatz einzelner Personen oder Gruppen besser in zwei- oder mehrzügigen Schulen zu gewährleisten ist.
Zentrale Maßnahme dieses Grundschulkonzeptes ist deshalb zwangsläufig die Zusammenlegung und damit die Reduzierung der Grundschulstandorte im Flecken, obwohl die infrastrukturelle und Identitätsfördernde Bedeutung einer eigenen Schule insbesondere in Ortsteilen mit Randlage gesehen wird. Dass Standorte geschlossen werden müssen, wird ausdrücklich bedauert. Aus Sicht der für dieses Konzept Verantwortlichen stehen diesem strukturellen Verlust die Vorteile einer Gemeinde-Grundschule gegenüber, die mit einer besseren Lehrer- und Unterrichtsversorgung, einheitlichem pädagogischem Konzept und optimaler räumlicher Ausstattung allen Salzhemmendorfer Grundschulkindern dauerhaft beste und gleiche Chancen bietet.
Diese Vorgehensweise berücksichtigt außerdem die finanzielle Situation der Gemeinde, die nicht ausschlaggebend für die Grundschulentwicklung sein darf, aber Bestandteil der Überlegungen sein muss. An allen 4 Grundschulstandorten sind kurz- und mittelfristig erhebliche Investitionen erforderlich. Es wäre nicht nachvollziehbar diese – der Gemeinde insgesamt nicht möglichen – Investitionen an allen Standorten zu tätigen, wenn gleichzeitig klar abzusehen ist, dass nicht alle Standorte erhalten werden können.
Zusammengefasst formuliert der Gemeinderat das folgende Ziel seines Konzeptes der langfristigen Grundschulentwicklung:
Über die Schließung der Grundschulstandorte in Lauenstein und Wallensen – die Stufenweise erfolgen kann - wird zunächst für einen Übergangszeitraum die Beschulung in 2 zweizügigen Grundschulen angestrebt. Die Standorte Salzhemmendorf und Oldendorf erfüllen aufgrund bereits getätigter Investitionen, der räumlichen Möglichkeiten und der dort bestehenden und zu erwartenden Schülerzahlen die besten Voraussetzungen für den zweizügigen Schulbetrieb.
Entwickeln sich die Schülerzahlen über die feststehenden Geburtenjahrgänge hinaus kontinuierlich bezogen auf das gesamte Gemeindegebiet entsprechend den Prognosen dauerhaft – d. h. ohne eine andere Perspektive in den folgenden 5 Geburtsjahrgängen - zu einer Dreizügigkeit, ergibt sich aus den bisherigen Feststellungen das Ziel, eine dreizügige Grundschule einzurichten.
Für den einen verbleibenden Standort soll dann gelten:
Er soll im Zentralort und nicht an der Peripherie liegen, um Schulwege/Schülerbeförderungen gering zu halten.
Bestehende ÖPNV- und Schülertransportwege, die zur KGS im Zentralort bestehen, sollen genutzt werden.
Die Schule soll optimale Bedingungen auch im Fachunterricht wie Sport bieten.
Die Grundschule soll für den Ganztagsbetrieb ausgestattet sein und den Bedürfnissen der Eltern und Kinder entsprechende weitere Betreuungszeiten bieten.
Für dieses Grundschulkonzept wird deshalb als Ziel formuliert:
Die künftige Grundschule Salzhemmendorf ist 3-zügig, verfügt über beste räumliche Voraussetzungen für eine optimale auch ganztägige Unterrichtsversorgung und Betreuung und ist aus allen Ortsteilen gut zu erreichen. Wenn die Dreizügigkeit gemeindeweit erreicht ist, soll diese Schule zur Verfügung stehen. Nach gegenwärtigen Prognosen wird die Dreizügigkeit spätestens 2018 erreicht.
Die zentrale Lage wird mit der Einrichtung der Grundschule in Salzhemmendorf realisiert, wobei für die Umsetzung am derzeitigen Standort der Salzhemmendorfer Grundschule zu prüfen sein wird, ob und wie die erforderlichen Rahmenbedingungen für den beschriebenen dreizügigen Schulbetrieb realisiert werden können, oder ob ein Alternativstandort im Zentralort sinnvoller und wirtschaftlicher sein kann.
Ein optimaler Alternativstandort wäre so zu wählen, dass außer der Schwimmhalle im Rahmen von Synergien mit der KGS Salzhemmendorf auch deren vorhandene gute Infrastruktur mit genutzt werden könnte (z.B. Sporteinrichtungen, Mensa, Fachunterrichtsräume, Aula/Bühne; Schülerbeförderung und Verkehrsanbindung).
Diese Überlegungen basieren auf der Erwartung, dass sich in Folge des demographischen Wandels auch an der KGS die Schülerzahlen rückläufig entwickeln und die Synergieeffekte einer Zusammenarbeit beiden Seiten sinnvoll erscheinen.
Trotz angestrebter Zusammenarbeit mit der KGS muss der zentrale Grundschulstandort den Charakter einer eigenständigen überschaubaren Schule haben.
Die Entscheidung über den endgültigen Standort der zentralen Grundschule im Ortsteil Salzhemmendorf soll unter fachkundiger Beratung getroffen werden.
Es ist ein Gutachten einzuholen, das die möglichen Lösungen:
Felsenkellerweg (jetzige GS Salzhemmendorf) mit den dort notwenigen Maßnahmen,
Neubau in KGS-Nähe (mit möglicher anteiliger Nutzung der dort vorhandenen Infrastruktur),
Grundschule in einem Teil der KGS (bei entsprechendem Rückgang dortiger Schülerzahlen und angemessener Trennung der Schularten)
unter folgenden Gesichtspunkten vergleichend untersucht und darstellt:
pädagogische Fragestellungen
bauliche und infrastrukturelle Gegebenheiten und Erfordernisse
finanzielle Perspektiven mit Bereitstellungs- und Betriebskosten.
Zur Umsetzung dieses Grundschulkonzeptes erhält die Verwaltung den Auftrag, einen Stufenplan zu entwickeln zur Entscheidung durch den Rat und zur Beratung mit der Landesschulbehörde unter Beachtung folgender Grundsätze:
Entsprechend der Entwicklung der Grundschülerzahlen in der Gemeinde werden 3 Grundschulstandorte geschlossen in der Reihenfolge Lauenstein, Wallensen und Oldendorf.
Weil Schulwechsel während des laufenden Grundschulbesuchs durch mehrfache Veränderungen der Schulbezirke vermieden werden müssen, soll die Aufnahme der Kinder aus den zu schließenden Schulen im Ortsteil Salzhemmendorf erfolgen. Das heisst, die vorübergehende Zuständigkeit der Oldendorfer Schule für Kinder aus Wallensen, Hemmendorf oder Lauenstein ist nicht gewollt.
Aus dieser Vorgabe ergibt sich der folgende Zeitplan:
Die Grundschule Lauenstein stellt ihren Unterrichtsbetrieb mit Beginn der Sommerferien 2013 ein.
Die Grundschule Wallensen stellt ihren Unterrichtsbetrieb mit Beginn der Sommerferien 2015 ein.
Die Grundschule Oldendorf ist zu schließen, wenn die Zweizügigkeit dauerhaft nicht mehr gewährleistet ist; die Einstellung des Unterrichtsbetriebes mit Beginn der Sommerferien 2018 ist beabsichtigt.
Dieser Zeitplan lässt ausreichend Spielraum für die Berücksichtigung der Bedürfnisse und Interessen der Eltern und Kollegien in den betroffenen Ortsteilen. Die Schließung einer Grundschule kann zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen, wenn die Betroffenen dies übereinstimmend wünschen und die Räumlichkeiten der aufnehmenden Schule dies zulassen oder wenn bereits vor dem genannten Zeitpunkt die Einzügigkeit nicht mehr gegeben ist.
Im Prozess der Standortreduzierung sollen die folgenden Bedingungen gewährleistet sein:
Soweit dies durch den Schulträger u. a. durch Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten beeinflusst werden kann, darf die Klassenstärke nicht über 24 Schülern liegen.
Bei der Planung des konkreten Ablaufs der Schließung der Grundschulen sind die Betroffenen zu beteiligen. An allen vier Standorten lädt die Verwaltung
die Schulelternvertreter,
weitere interessierte Eltern,
den Schulvorstand,
die Personalvertretungen sowie
die Leitungen und Elternvertretungen der regional betroffenen Kindertageseinrichtung
zu entsprechenden Zusammenkünften ein.
Ziel ist die Information über dieses Grundschulkonzept und die Beteiligung der Betroffenen an der konkreten Umsetzung für ihren Standort. Dieses Informations- und Beteiligungsverfahren ist an den betroffenen Standorten zu wiederholen, wenn die Schulschließung bevorsteht.
Die abgebende und die aufnehmende Schule planen gemeinsam den konkreten Ablauf der Schülerübernahme mit dem Ziel, die Berücksichtigung pädagogischer und organisatorischer Bedürfnisse beider Schulen sicher zu stellen. Soweit möglich soll der Schulstandortwechsel im Klassenverband erfolgen und dieser Klassenverband erhalten bleiben.
Die Verwaltung führt Gespräche mit den Grundschulleitungen mit dem Ziel, zu einem organisatorisch und pädagogisch notwendigen und geeigneten Zeitpunkt die Lernmittel/Schulbücher in den Salzhemmendorfer Grundschulen zu vereinheitlichen. Im Fachausschuss ist noch im laufenden Schuljahr zu berichten.
Auf die Situation von Lehrkräften und Angestellten des Schulträgers ist so weit wie möglich Rücksicht zu nehmen unter Beachtung tariflicher und vertraglicher Rahmenbedingungen. Insbesondere sind Veränderungen den Betroffenen in angemessener Frist mitzuteilen.
Der Prozess der Grundschulentwicklung soll kontinuierlich von einem einzurichtenden Gremium „Grundschulentwicklung“ begleitet werden. Dieses Gremium hat die Aufgabe, zweimal jährlich Geburtenzahlen und ausgewählte Zu- und Abwanderungszahlen im Hinblick auf die Konzeptschritte auszuwerten. Das Gremium überwacht die Einhaltung der im Konzept beschlossen Rahmenbedingungen und Vorgehensweisen für dessen Umsetzung.
Das Gremium Grundschulentwicklung ist von der Verwaltung zu unterrichten und zu laden und setzt sich wie folgt zusammen:
die Ratsmitglieder im zuständigen Fachausschuss
den Schulleiter/innen
je einem weiteren Schulvorstandsvertreter jeder Grundschule
2 Vertretern des Gemeindeelternrates
2 Vertretern des Fachbereichs der Verwaltung
Für die zu schließenden Standorte sind rechtzeitig alternative Nachnutzungsmöglichkeiten zu untersuchen und vorzulegen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die betroffenen Gemeindegebiete infrastrukturell attraktiv bleiben.