Coppenbrügger Gemeindebürgermeister Peschka rechnet mit geschlossenem Gemeinderats-Votum gegen den Streckenausbau
Frischer Wind bläst zum Widerstand: Mehr als 150 Mitstreiter bei der Auftaktveranstaltung gegen die Güterbahn-Rennstrecke
Von Ralph Lorenz
Hameln (wbn). Mehr als 150 Bürger aus dem Weserbergland haben heute Abend gegen den Ausbau der Bahnstrecke Elze-Hameln-Löhne Stellung bezogen. Damit hat die Hamelner „Wählergemeinschaft Frischer Wind“ ein erstes Etappenziel erreicht. Die Veranstaltung im Schiller-Gymnasium soll den Verkehrsplanern im fernen Berlin signalisieren, dass die Städte und Gemeinden im Weserbergland die Durchtrennung der idyllischen Region durch eine zur internationalen "Rennstrecke" ausgebauten zweigleisigen Güterzuglinie nicht klaglos hinnehmen werden. Und schon hat ein erster Gemeindebürgermeister unter dem Eindruck der starken Argumente eine klare Ansage Richtung Berlin angekündigt.
Ebenso wie sich Coppenbrügge einmütig für eine zügig verwirklichte Umgehungsstraße der Bundesstraße 1 stark gemacht habe, werde der Flecken mit seinem Gemeinderatsgremium auch genau so entschlossen gegen den Ausbau der Bahnlinie Elze-Coppenbrügge-Hameln-Löhne votieren. Das jedenfalls war die eindeutige Botschaft von Gemeindebürgermeister Hans-Ulrich Peschka (CDU), der auch keine Zweifel hat, dass sich seine Kolleginnen und Kollegen in den anderen Städten und Gemeinden entlang der Bahnlinie ähnlich äußern werden. Denn es zeichnet sich laut Peschka ein Zielkonflikt ab: "Tourismuswerbung und hohe Lärmschutzwände gegen den Transit-Güterzugverkehr sind unvereinbar." Das Landschaftsbild werde nachhaltig verschandelt. Damit hat der Vorsitzende des Frischen Windes, Tobias Matter, bei der ersten großen Veranstaltung gegen die stillen und deshalb so gefährlichen Schubladenpläne der Eisenbahnexperten bereits mehr erreicht als er bislang zu träumen wagte.
(Zum Bild: Tobias Matter (links), Vorsitzender des Frischen Windes, sprach relativ kurz und ließ viel Zeit für Redebeiträge aus dem Publikum. Foto: Lorenz)
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Das klare Signal aus dem Coppenbrügger Rathaus werde seine Wirkung auf die anderen Kommunen nicht verfehlen, gibt sich Matter überzeugt. Matter zu den Weserbergland-Nachrichten.de: „Der starke Zulauf bei unserer Auftaktveranstaltung verleiht dem Frischen Wind den erforderlichen Druck um die ganze Region wachzurütteln.“ Das sei erforderlich, denn es komme darauf an gerade jetzt Widerstand deutlich zu machen, bevor die zweigleisige Güterzugstrecke in den neuen Verkehrswegeplan übernommen und festzementiert werde.
Zehntausende Bürger seien allein in Hameln betroffen und könnten fortan kein Auge mehr zumachen, wenn die Horrovorstellung Wirklichkeit werde, dass im Viertelstunden-Takt und schneller überregionale Güterzuggarnituren Tag und Nacht durch die Rattenfängerstadt und das Weserbergland rollen würden. Diese sogenannte Südvariante erscheine den Verkehrsplanern deshalb so attraktiv weil die Meinung in Berlin vorherrscht, dass sie mit vergleichsweise geringem baulichen Aufwand umgesetzt werden könne.
Matter: Nordroute erscheint wesentlich geeigneter
Dabei biete es sich eher an die Strecke Minden-Haste-Seelze als sogenannte Nord-Route stärker zu belasten und entsprechend auszubauen, weil dort weniger Landschaft zerstört werde und die Besiedelung nicht so intensiv sei. Matter und seine Mitstreiter von der Wählergemeinschaft Frischer Wind, die jetzt zur Kommunalwahl antreten wird, sind nicht nur wegen der hohen Teilnehmerzahl der Auftaktveranstaltung so zuversichtlich, sondern auch weil sich abzeichnet, dass andere Gruppierungen auf den fahrenden Zug mit aufspringen und ausdrücklich willkommen sind. Der Hamelner Rechtsanwalt Zemlin hat vor kurzem eine Bürgerinitiative mit der Lehrerin Tovar-Luthin vom Einstein-Gymnasium ins Leben gerufen, die allerdings noch nicht so weit ist wie der Frische Wind. Der Frische Wind hat bereits in einer großen Flugblattaktion entlang der ganzen Bahnstrecke den Streckenausbau problematisiert und damit den Boden für die heutige Versammlung geschaffen. Unterstützt wurde er publizistisch von den Weserbergland-Nachrichten.de
Gabriele Lösekrug-Möller, die heimische Bundestagsabgeordnete, wäre übrigens heute Abend gerne dabei gewesen, wurde aber zu kurzfristig eingeladen und war durch Termine in Berlin gebunden. Sie hatte allerdings schon vor Wochen zusammen mit Ex-Staatssekretär Ibrügger das Thema als erste erkannt und bereitet derzeit ebenfalls eine große Info-Veranstaltung vor. Auch sie will mit dem Frischen Wind, um der Sache willen, an einem Strang ziehen. Der Frische Wind entfaltet sich – wie schon beim Bürgerbegehren zur Fußgängerzone in Hameln – zum Proteststurm. Tobias Matter weiß wie sowas geht. An ihm kommt niemand vorbei. Auch die örtliche Lokalzeitung nicht. Diese habe sich für die dringlichen Bürger-Anliegen des Frischen Windes bislang nicht sonderlich interessiert, sagte Matter zu Beginn der Veranstaltung in die allgemeine „Windstille“ hinein.