Der Kommentar
Das Griechenland-Desaster ist die Geschichte geplatzter Illusionen
Von Klaus-Peter Wennemann
Illusion 1: Politischer Wille hebelt ökonomische Gesetze aus.
An dieser Stelle ist in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen worden, dass eine Währungsunion nur funktioniert, wenn einige fundamentale Grundregeln gelten. Bereits nach drei Jahren hat die Bundesbank darauf hingewiesen, dass die Effizienzen einiger Länder, gemessen an den Lohnstückkosten, dramatisch auseinanderdriften. Während Deutschland nach den Reformen der Agenda 2010 immer wettbewerbsfähiger wurde, wurde in anderen Ländern der Zinsvorteil, der durch die gemeinsame Währung zunächst entstanden war, in Konsum, übertriebene Sozialleistungen und Prestigeprojekte investiert. Speziell in Griechenland bedienten sich korrupte Eliten. Anstatt die Mahnungen der Bundesbank ernst zu nehmen, musste deren Spitzenpersonal, zum Beispiel Ex-Bundesbankchef Weber, den Hut nehmen. Die Arroganz und Ignoranz von Herrn Schäuble und Co., die damit auf Expertenwissen verzichtet haben, rächt sich jetzt.
Illusion Nr. 2: Griechenland ist die Speerspitze einer neuen linken Wirtschaftspolitik in Europa.
Gysi und Genossen jubelten nach der Griechenlandwahl und sahen bereits Europa unter dem Regime einer sozialistischen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die linke Dominotheorie sah der Reihe nach Spanien, Portugal, Italien und zum Schluß Frankreich fallen und damit Europa fest in der Hand von sozialistisch-marxistischen Wirtschaftslenkern. Man hat dabei unterschätzt, dass diejenigen, welche die Party bezahlen sollten, Europa vielleicht um fast jeden Preis wollen, aber definitiv nicht um den Preis eines kommunistischen Systems.
Den Griechen und der Linken geht es nicht um den Euro. Es geht ihnen um die Implementierung eines völlig anderen Wirtschafts- und Finanzsystems. Ein System, welches im internationalen Wettbewerb den Untergang Europas zur Folge hätte.
(Zum Gastautor: Klaus-Peter Wennemann ist Stadtverbandsvorsitzender der FDP in Hameln, international aktiver Finanzexperte und war Landratskandidat und Bundestagskandidat der Liberalen im Weserbergland. Wennemann gehört zu den regelmäßigen Kolumnisten der Weserbergland-Nachrichten.de Foto: FDP)
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Illusion Nr. 3: Deutschland zahlt in jedem Fall
In der Tat werden die Kosten eines Bankrotts Griechenlands besonders Deutschland treffen. Und so, wie die Bundesregierung die Restrukturierung aufzieht, werden wieder einmal die nachfolgenden Generationen belastet, nämlich durch subventionierte Zinsen und Tilgungsstreckung bis zu 50 Jahren. Aber jetzt hat besonders die Kanzlerin erkannt, dass sich der deutsche Steuerzahler nicht unendlich melken lässt. Nach dem Atomausstieg jetzt die zweite 180 Grad-Drehung. Aus „Alternativlos“ wird „Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“
Illusion Nr.4: Das Denkmal „Junker“
Ohne Rücksicht auf Verluste hat der ehemalige luxemburgische Premier „sein Europa“ verwirklichen wollen um einen ewigen Platz in der Geschichte zu bekommen. Dabei hat er das Geld anderer Leute verbrannt, ebenso übrigens der EZB-Präsident Draghi.
Zuletzt hat er immer wieder falsche Signale an die griechischen Freunde gesandt und wurde von diesen täglich mehr vorgeführt. Es wird allerhöchste Zeit diesen Naivling in den Ruhestand zu schicken.
Illusion Nr.5: Griechen sind die besseren Pokerspieler
Besonders der griechische Finanzminister und promovierte Spieltheoretiker Varouvakis glaubte die alten Männer in Brüssel vorführen zu können. Die Zeche zahlt jetzt der einfache Bürger in Griechenland. Mit Arroganz, Selbstüberschätzung und Bangemachen wollte man Europa erpressen. Dieses ist nicht gelungen. Spätestens seit gestern wissen wir, dass es keinen Crash wegen Griechenland gab. Im Gegenteil, der Euro tendierte sogar fester und er könnte langfristig sogar vom Griechenland-Desaster profitieren. Denn die Glaubwürdigkeit, dass ökonomische Vernunft und Stabilität wieder mehr Gewicht bekommen, die hat seit gestern zugenommen.
Hinweis der Redaktion:
Lesen Sie dazu auch Wennemanns Gastkommentar vom Montag 26. Januar 2015: "Nach dem Linksruck in Griechenland: Euro - was nun?"
Und auch Wennemanns Gastkommentar mit Hinweis auf Röslers Warnung vom 8. November 2011: Und Rösler hat doch recht behalten