Nach drei Jahren erstritten: Freispruch wegen Messfehlers
Ein Gerichts-Urteil zur Ungenauigkeit von "Radarfallen" ist rechtzeitig eingeschlagen - Oliver Kahn und der morgige Blitzer-Marathon
Von Frank Weber
Traunstein/Hannover (wbn). Etwas mehr als zehn Stunden sind es noch bis zum Beginn des länderübergreifenden „Blitzer-Marathons“. Mehr als 4000 „Blitzer“ sollen dabei in zwei Bundesländern, in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie bei den niederländischen Nachbarn zum Einsatz kommen. Doch geht es immer mit rechten Dingen zu wenn die Messstellen blitzartig ausgelöst werden?
Just am Vorabend sorgt ein Spiegel-Bericht von Anfang dieser Woche für Unruhe, der grundsätzliche Zweifel an der ohnehin immer wieder in Frage gestellten Zuverlässigkeit gängiger Messtechnik aufkommen lässt. Auslöser ist ausgerechnet der Mann, der dafür bekannt ist, dass er selten etwas in seine Kasten gelassen hat: Torwart-Altidol Oliver Kahn. Er hatte sich auf der Autobahn einen unhaltbaren Messstrahl eingefangen, der nicht hätte sein dürfen.
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Ein Irrlicht gewissermaßen. Der Spiegel machte den nun erfolgten spektakulären Freispruch in einem seit drei Jahre währenden Verfahren publik. Doch der Reihe nach: Im Oktober 2009 war Kahn – am Steuer seines 650 PS starken AMG-Mercedes - mit angeblich 163 Stundenkilometern in einer 80er Zone geblitzt worden. Kahn beteuerte allerdings zu jeder Zeit seine Unschuld als er von der Staatsanwaltschaft die Rote Karte bekam. Er sei vorschriftsmäßig mit 80 unterwegs gewesen. Die Folge: Ein Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht Traunstein. Nach drei Jahren jetzt der „Freispruch“ für den ehemaligen Profifußballer. Grund: Lichtreflexe könnten das mobile Messgerät „irritiert“ haben. Etwa ein Lichtreflex, der von der Motorhaube ausgegangen war.
Während der deutsche Hersteller der Geräte eine Beeinflussung der Messergebnisse durch Lichtstrahlen nach wie vor ausschließt, waren sich insgesamt drei Gutachter sicher: Die Blitz-Anlage wurde durch besondere Gegebenheiten im wahrsten Sinne des Wortes geblendet – von Lichtreflexionen, die das Gerät eine falsche Geschwindigkeit anzeigen ließ. Als Indiz für die Fehlmessung diente der Hinweis, dass sich die angeblich gemessenen Fahrzeuge nicht „an der richtigen Position“ befunden hätten, an der sie normalerweise gewesen sein müssten. Rund 40 Fahrzeuge hätten sich ebenfalls nicht an dieser Stelle des Bildes befunden, hieß es in der Verhandlung. Das Messgerät habe in dem Fall nicht das Fahrzeug, sondern irrtümlich die Lichtreflexion gemessen. Kahns Privatgutachter bezeichnete das als „vorauseilenden Lichtreflex“ . Richter Rainer Vietze entschied flugs „im Zweifel für den Angeklagten“ und sprach Kahn letztlich frei. Nach drei Prozessjahren.
Für den morgigen Blitzer-Marathon im Weserbergland sei allerdings keine falsche Hoffnung geweckt: Die Chance auf sonnenbedingt „vorauseilende Lichtreflexe“ auf den landesüblichen Rennstrecken stehen denkbar schlecht. Der Wetterbericht meldet: „Sonnenstunden: keine“.