Der realistische Mittwochabend-Krimi für die Leser der Weserbergland-Nachrichten.de
Wie aus einem flüchtigen Bekannten ein flüchtiger Bekannter wurde - uniformierter Langstreckenläufer nahm die Verfolgung auf
Hildesheim (wbn). Die Geschichte klingt einfach unglaublich. Ein Mann erscheint Anfang der Woche sichtlich mitgenommen mit einem blauen Auge abends auf der Hildesheimer Polizeiwache. Der Mann hat zudem Schmerzen im Brustbereich, die offenbar von brutalen Misshandlungen stammen. Der 42-Jährige will eine Anzeige gegen einen „flüchtigen“ Bekannten erstatten, wie er sagt. Flüchtig in jeder Beziehung. Dieser 26-jährige „flüchtige Bekannte“ ist nämlich zum Albtraum geworden.
Er hatte sich eines Tages bei dem 42-Jährigen eingenistet. Angeblich nur für ein paar Tage. Mitsamt Frau und Kleinkind machte er es sich wohnlich. Und das sah nicht so aus als würde er nur mal für kurze Zeit übernachten. Er machte seinen gutmütigen Gastgeber regelrecht zum Gefangenen in der eigenen Wohnung. Wechselte einfach die Schlösser aus und steckte die neuen Schlüssel ein. Es schien nunmehr klar zu sein, wer jetzt der „Herr im Hause“ war. Der 42-Jährige wurde übel geschlagen. An jenem Abend, an dem er bei der Polizei aufgetaucht war, hatte ihn der 26-Jährige Monster-„Untermieter“ alleingelassen. Das nutzte das Opfer aus um die Türscharniere abzuschrauben und sich so auf erbärmliche Weise aus der eigenen Wohnung zu schleichen. Die Polizei ging umgehend mit dem 42-Jährigen zu dessen Behausung zurück und stand erwartungsgemäß vor verschlossener Tür.
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Auf Klingeln und Klopfen machte niemand auf. Als ein Schlüsseldienst anrückte, wurden hinter der Tür vernehmlich Möbel rangeschoben. Die Polizei: „Ein als Außenposten auf der Straße stehender Beamter musste dann mit ansehen, dass der Gesuchte aus etwa vier Metern Höhe aus einem Fenster in der ersten Etage des Hauses hinaus sprang und weglief.“ Was der 26-jährige Täter jedoch nicht ahnen konnte: Der Uniformierte, der ihn in polizeilicher Nacheile verfolgte, hat als geübter Langstreckenläufer einen besonders langen Atem. So nutzte der anfangs beachtliche Vorsprung gar nichts. 500 Meter weiter, nahe des Zuganges der Grünanlage zum Liebesgrund in Hildesheim, endete die Flucht ohne Gegenliebe - und damit auch die ganze Wohnungstragödie mit dem unverschämten „Gast“.
Jetzt hat der unverschämte "Untermieter" erstmal 17 Monate Wohnpflicht im Knast...
Der 26-jährige, der sich zunächst gegen die polizeilichen Maßnahmen heftig zur Wehr setzte, wurde festgenommen und in Polizeigewahrsam gebracht. Das dürfte jetzt sehr ausgiebig sein. Diesmal ist er der Eingeschlossene. Mit erzwungener Langzeitunterkunft und vergittertem Ausblick. Und: Den Schlüssel haben jetzt die uniformierten Gastgeber. Zunächst muss er nun seine beiden Haftstrafen wegen Diebstahls und Fahrens ohne Fahrerlaubnis von insgesamt 17 Monaten antreten. Wegen der neuerlichen Straftaten wurden Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Diebstahls und des Verdachts der Freiheitsberaubung erstellt. Er wird, so scheint es, noch lange bei der JVA zur Miete wohnen.