Ist das Drama um die nach Tunesien entführten deutschen Kinder noch nicht zu Ende?
Vater der entzogenen Kinder darf Gefängnis verlassen - Mutter macht sich große Sorgen: "Ich habe Angst"
Donnerstag 7. Juni 2018 - Hannover (wbn). Die abenteuerlichen Umstände, unter denen eine verzweifelte Mutter ihre entführten Kinder aus Tunesien zurückholte, haben international für Aufsehen gesorgt. Gerade einmal zwei Wochen, nachdem die beiden Töchter von Katharina Schmidt wieder zu Hause sind, durfte ihr Vater heute das Gefängnis verlassen - obwohl er die Rückkehr seiner Kinder nach Hannover mit allen Mitteln verhindert hatte. Wegen Kindesentzugs saß er deshalb seit mehr als zwei Jahren in Niedersachsen in Haft!
Der Anwalt des Deutsch-Tunesiers, Michael Hahne, bestätigte gegenüber dem NDR Regionalmagazin Hallo Niedersachsen, dass sein Mandat heute mittag wieder frei gekommen ist.Fortsetzung von Seite 1
Die Haftprüfung habe ergeben, dass der Haftbefehl für Kais B. vorerst außer Vollzug gesetzt wurde. Der Mann habe das Gefängnis bereits verlassen, müsse sich künftig aber regelmäßig bei der Polizei melden. Nach Ansicht der zuständigen Richterin bestehe nun, da die Kinder wieder in Niedersachsen sind, keine Fluchtgefahr mehr. Zudem sei zu erwarten, dass die Haftstrafe von 11 Monaten, zu der Kais B. am 19. April verurteilt worden war, zur Bewährung ausgesetzt werde, sagte Michael Hahne. Der Sprecher des Gerichts, Jens Buck, sagte, sobald Kais B. sich unangemessen verhalte oder seinen Meldeauflagen nicht nachkomme, könne der Haftbefehl wieder in Kraft gesetzt werden.
Sein Mandant wolle sich jetzt wieder eine Arbeit suchen und sich an Recht und Gesetz halten, versicherte der Anwalt gegenüber dem NDR. Die Mutter und die Kinder müssten sich keine Sorgen machen. Der Mann - der die Kinder nach der Trennung von Katharina Schmidt nach Tunesien in den Heimatort seiner Eltern entzogen hatte - habe damals in einer "absoluten Ausnahmesituation" gehandelt. Hahne gehe davon aus, dass so etwas nicht wieder passiere. Er schließe auch aus, dass sein Mandant in der nächsten Zeit einfach bei der Mutter vor der Tür stehe.
Gleichwohl werde er aber versuchen, für seinen Mandanten im Rahmen der familienrechtlichen Möglichkeiten zu erreichen, dass dieser mittelfristig wieder Kontakt zu den Kindern erlange, etwa in Form von begleitetem Umgang. Sein Mandant brauche den Kontakt zu seinen Töchtern.
Katharina Schmidt ist unterdessen sehr besorgt, wie sie Hallo Niedersachsen mitteilte:
"Ich habe Angst". In der Vergangenheit habe ihr Ex-Mann sie und die Kinder auch immer wieder verbal bedroht. Sie könne die aktuelle Entscheidung nicht verstehen, denn der Vater habe ja nicht nur kein Entgegenkommen gezeigt bei ihrem jahrelangen Kampf, die Kinder wieder zurückzuholen, sondern er habe die Rückkehr auch "maximal verhindert".
Katharina Schmidt hatte seit 2015 versucht, ihre Kinder wieder mit nach Hannover zu nehmen - dort wo sie geboren und aufgewachsen sind. Obwohl sie sowohl nach tunesischem als auch nach deutschem Recht das alleinige Sorgerecht hat, waren die tunesischen Behörden nicht in der Lage, dies vor Ort in dem nordafrikanischen Land durchzusetzen. Am Pfingstwochenende hatte die Mutter die Kinder vor der Schule in Kasserine - dem Heimatort von Kais B. - abgeholt, um die Kinder wieder nach Hause zu bringen. Zunächst war sie dann von den tunesischen Behörden festgehalten worden - für die Familie war es ein tagelanger Nervenkrieg mit ungewissem Ausgang. Erst nachdem sich die deutsche Botschaft in Tunis und das Auswärtige Amt eingeschaltet hatten, konnte Katharina Schmidt mit ihren Töchtern nach Deutschland ausreisen.