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Der Blätterwald wird auch in Niedersachsen immer lichter - und die Arbeitsbedingungen immer mieser. Dabei müssen Leser schon für sich selbst schreiben...

Streik im Hause Madsack - Journalisten und Drucker wehren sich gegen Tarifkürzungen und längere Arbeitszeit

Hameln/Hannover (wbn/ver.di). In der Nacht von Mittwoch auf den heutigen Donnerstag sind die Beschäftigten der Druckerei der Verlagsgesellschaft Madsack in Hannover (Hannoversche Allgemeine Zeitung/Neue Presse) fast geschlossen in den Streik getreten.

Wer ist Madsack? Der Madsack-Konzern aus Hannover ist inzwischen mit vielen Lokalzeitungen in Niedersachsen eng verflochten. Durch das örtlich unterschiedliche Erscheinungsbild der Zeitungen mit unterschiedlichen Titeln wird eine Vielfalt in der Nachrichtengebung suggeriert, die tatsächlich im überregionalen Teil kaum noch gegeben ist. Denn viele Zeitungen lassen sich den überregionalen Teil (Mantel) von dem für Außenstehende kaum noch überschaubaren Madsack-Verlagsgeflecht zentral produzieren. Damit ist auch eine deutliche Dominanz im stark ausgedünnten niedersächsischen Blätterwald gegeben. Anders gesagt: Madsack ist zu einer riesigen Meinungs-Windmaschine geworden, die oft in eine Richtung bläst. (Und Meinungsmache kann schon mit dem Totschweigen beginnen.) Die Deister- und Weserzeitung ("DWZ") aus Hameln zum Beispiel bezieht den Mantel seit Jahren von Madsack. Weil Neue Presse und Hannoversche Zeitung ebenso zu Madsack gehören und die großen „Hausnummern“ sind, wundern sich manche Leser in der Region schon nicht mehr über nahezu gleichlautende Überschriften, Meldungen und Meinungen und stets dieselbe Nachrichtenauswahl.

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Wer mal was anderes lesen will, muss schon zur taz oder FAZ greifen, beziehungsweise zur Welt oder Süddeutschen. Deren Meldungen aus Niedersachsen sind aber extrem überschaubar. In den Journalistenverbänden wird der anhaltende Trend zur Pressekonzentration und die alternativlos erscheinende Dominanz von monopolartig auftretenden Verlagstiteln mit großer Sorge gesehen weil darunter die Meinungsvielfalt erkennbar leidet.  Und die Redakteure geraten landauf landab unter Druck: Ihnen werden sukzessive die Gehälter gekürzt. Dafür dürfen sie länger arbeiten.

Gleichzeitig werden Aufgaben nach außen verlagert an freie Mitarbeiter, deren Honorare gnadenlos gedrückt werden können. "Gespart" wird auch dadurch, dass Seiten für die Montagsausgabe vorproduziert werden und Scheinaktualität vortäuschen. Dafür vernachlässigen diverse Lokalzeitungen, die sich mal Heimatzeitungen nannten, ihr eigentliches Kerngeschäft. Auf Jahreshauptversammlungen und sonstigen Vereins-Großereignissen tauchen keine gelernten Zeitungsreporter oder nicht mal mehr die freien Mitarbeiter auf. Stattdessen dürfen dann die Vereins-Schriftführer den Bericht über sich und ihresgleichen selbst schreiben. Das wird den Lesern dann wieder als Leistung ihres Lokalblattes verkauft. Qualitätsjournalismus sieht anders aus.

Qualität gibt’s nicht zum Nulltarif

Ver.di- und DJV-Mitglieder zogen mit Transparenten durch Norddeutschland, auf denen stand: „Qualität gibt’s nicht zum Nulltarif“. So hat der Arbeitskampf heute auch die SPD-nahe Madsack-Verlagsgruppe erfasst, zu der übrigens auch die „Ostsee-Zeitung“ und die „Lübecker Nachrichten“ gehören, wie der „Spiegel“ vor kurzem in einer Reportage  anmerkte, die unter einem großformatigen Bild erschien, das den Spruch „Verleger-Geiz ist geil“ transportierte.

Am frühen Morgen haben sich also heute die Madsack-Beschäftigten der Frühschicht den aktuellen Streikmaßnahmen angeschlossen. In der Mittagspause von 12.00 bis 14.30 Uhr haben  die Streikenden für alle Beschäftigten im Pressehaus ein kleines Streikfest vor dem Tor des Pressehauses organisiert unter dem Motto ,,Wir löffeln die Suppe gemeinsam aus." Wieviel Leser mitgelöffelt haben, ist nicht bekannt.

Eine Solidaritätsadresse an die Streikenden kommt heute Abend immerhin von Jutta Krellmann, Bundestagsabgeordnete der Linken, aus dem Weserbergland. Der Wortlaut an die Zeitungsmitarbeiter der Madsack-Verlagsgruppe:   „Liebe Kolleginnen und Kollegen,  wir erklären uns mit vollem Herzen solidarisch mit eurem Kampf und freuen uns, dass es Euch gelungen ist, nahezu geschlossen in den Streik zu treten. Wir hoffen mit Euch, dass die Kolleginnen und Kollegen, die als Streikbrecher eingesetzt werden, ebenfalls auf die Seite der Kämpfenden treten werden. Denn gegen Lohndrückerei und Arbeitszeitverlängerung hilft nur eines: Gemeinsamer und entschlossener Widerstand! Wir unterstützen Eure Forderungen nach besserer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen.

Es muss immer und überall gelten: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Arbeitsort! Die Forderung der Arbeitgeber nach längeren Arbeitszeiten ohne Lohnerhöhung wird zum Abbau von Arbeitsplätzen führen und für die betreffenden Kolleginnen und Kollegen noch mehr Stress und schlechtere Arbeitsbedingungen bedeuten. Es ist absolut richtig und wichtig - so wie ihr es jetzt tut - dagegen ein klares Signal zu setzen und deutlich Kante zu zeigen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Druck- und Zeitungsbereich haben in den letzten Jahren bereits genug verzichtet und müssen sich nicht in Bescheidenheit üben. Damit muss jetzt Schluss sein! Mit solidarischen Grüßen Jutta Krellmann, Bundestagsabgeordnete für DIE LINKE aus Hameln. Herbert Behrens, Bundestagsabgeordneter für DIE LINKE aus Osterholz-Scharmbeck.“

 

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