Diese Wahlnacht hatte es in sich - Machtwechsel in Hannover
Rosenkavalier Weil ist mit seiner stacheligen Mehrheit von nur einem Parlamentssitz keineswegs auf Rosen gebettet - doch Röslers Zukunft ist etwas rosiger geworden
Von Ralph Lorenz und Frank Weber
Hannover/Hameln (wbn). Für den Rosenkavalier Stephan Weil, der im Wahlendspurt noch durch die Hamelner Fußgängerzone gezogen ist und eifrig Rosen verteilte, hat’s in dieser dramatischen Wahlnacht doch noch rote Rosen geregnet. Dem Oberbürgermeister von Hannover ist es gelungen in einer der dramatischsten Wahlnächte in der Geschichte dieses Landes das schwarz-gelbe Regierungsbündnis zu kippen. Sechs Stunden nach Schließung der Wahllokale stand endlich fest: Rot-Grün hat 69 Sitze im Landesparlament errungen und damit einen Sitz mehr als Schwarz-Gelb. Damit will Weil nun regieren. Mit nur einem Parlamentssitz mehr ist Rosenkavalier Weil allerdings gewiss nicht auf Rosen gebettet.
Die CDU ist zwar mit 36 Prozent wieder stärkste Partei geworden und die FDP hat es sogar auf spektakuläre 9,9 Prozent gebracht. Doch das nützt alles nichts angesichts der Tatsache, dass die SPD unter Weil auf 32,6 Prozent gekommen ist und die Grünen mit 13,7 Prozent eine reiche Ernte eingefahren haben. Anja Piel, die Landesvorsitzende der Grünen hatte im Interview mit den Weserbergland-Nachrichten.de vergangene Woche deutlich gemacht, dass sie fest mit einem zweistelligen Ergebnis rechne.
Dies war ein Richtungswahlkampf
Dass die grüne Welle aber derart in den Landtag an der Leine geschwappt ist, hat auch grüne Optimisten überrascht. Erstaunlich auch wie sehr die Piraten (2,1 Prozent) nebst Linke (3,1 Prozent) überschätzt wurden. Trotz „liquider“ Demokratievorstellungen wurden die Piraten mal eben geräuschlos liquidiert. SPD- und CDU-Wahlstrategen waren sich da einig: Dies ist ein Richtungswahlkampf gewesen.
(Zum Bild: Ein denkwürdiges Bild: FDP-Parteichef Rösler hoch erhobenen Hauptes neben einem seiner bissigsten innerparteilichen Kritiker: dem FDP-Fraktionschef Kubicki aus Schleswig Holstein. Das Foto entstand im Wahlentspurt in Northeim. Jetzt dürfte die Häme fürs erste verstummt sein. Rösler hat am gestrigen Wahlabend mit dem Niedersachsen-Ergebnis Freund und Feind schwer beeindruckt. Denn der Urnengang war schon voreilig zur "Rösler-(Ab-)Wahl" stilisiert worden. Foto: Weber)
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Im Weserbergland-Wahlkreis 38 hat Otto Deppmeyer (CDU) knapp gegen Heiner Bartling (SPD) gewonnen. Nach 27 Jahren im Landtag steht letzterer nun vor dem Aus. Unterlegen, aber keinesfalls weg vom Fenster dürfte im Wahlkreis 36 Uli Watermann sein. Ein einigermaßen sicherer Listenplatz könnte ihm aber den Einzug ins Parlament verschaffen. Dennoch sehr erstaunlich: Die Körtner-Nachfolgerin Petra Joumaah (CDU) aus Bad Münder ist auf Anhieb ziemlich geschmeidig in den Landtag eingezogen. Mit einem, wie es scheint, minimalistischen Kraftaufwand. 231 Erststimmen hat sie Watermann voraus. Jeweils respektabel und dem Landesdurchschnitt entsprechend, die Zweitstimmenerfolge der FDP in beiden Wahlkreisen 36 und 38. Demnach haben die FDP-Frauen Bönsch und Friedrich-Tigges nichts falsch gemacht. Umso spektakulärer die Exklusiv-Meldung der Weserbergland-Nachrichten.de vom sofortigen Rücktritt von allen Parteiämtern. Punkt 18 Uhr hatten die Weserbergland-Nachrichten.de dies gemeldet, verbunden mit einem Interview, das bereits am Sonntagvormittag mit Martina Tigges-Friedrichs geführt worden war. Tapfer hatte die FDP-Frau, die sich innerparteilich gemobbt fühlte, bis zur letzten Minute Wahlkampf gemacht, so als wäre nichts geschehen. Von dieser Disziplin kündet ein weiteres Interview, das sie zusammen mit Kathrein Bönsch den Weserbergland-Nachrichten.de gegeben hatte. Interessant der Blick in den Nachbarkreis Holzminden. Dort ist der nunmehrige Ex-Innenminister Uwe Schünemann (40,60 %) Sabine Tippelt (42,56 %) von der SPD bei den Erststimmen unterlegen.