Der Gastkommentar
Weshalb das Sitzenbleiben gar nicht so doof ist...
Von Annalena S c h m a l z
Klar, das Sitzenbleiben ist bestimmt für den Betroffenen erst einmal ziemlich doof. Neue Klasse, neue Lehrer - der alte Stoff. Aber wer sich darüber einmal wirklich Gedanken macht, dürfte erkennen, dass die Abschaffung des Sitzenbleibens nicht wirklich einen Sinn ergibt. Meiner Meinung nach, kann es nur besser werden, wenn das Schuljahr wiederholt wird.
Es gibt ausschließlich Fächer, die auf das Wissen des Jahres zuvor aufbauen. Wenn in Französisch keine Zeitformen gelernt werden... Naja, dann im nächsten Schuljahr viel Spaß!
Natürlich kann es vorkommen, dass jemand in manchen Fächern richtig schlecht ist, in anderen aber wieder gut. Doch um den Rest der Schulzeit in eben diesen Fächern besser zu sein, genau dafür wird doch das Schuljahr noch einmal gemacht! Nicht Sitzenzubleiben bei schlechten Noten, also einfach nur durchmarschieren, das ist vollkommener Mist. Zeit absitzen statt lernen. Hat das noch was mit Schule zu tun? Durch das Wissens- und Bildungsdefizit einer einzelnen Person, kann die ganze Klasse in ihren Lernfortschritten ausgebremst werden. Damit kein Missverständnis aufkommt: Es geht nicht um nachvollziehbare Lernschwächen sondern um die Folgen einer – sprechen wir es ruhig aus – notorischen Faulheit und Leistungsverweigerung.
Zu der Autorin: Annalena Schmalz ist derzeit Praktikantin bei den Weserbergland-Nachrichten.de und geht noch zur Schule. Sie ist 15 Jahre alt. Foto: Weber
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Lerninhalte müssen als unverzichtbarer Baustein wiederholt werden. Andernfalls kommt die Klasse mit dem Stoff nicht voran, was in einem Schuljahr wie diesem, das eines der kürzesten ist, seit dem der Schulanfang von Ostern auf Herbst verlegt wurde, fatale Folgen hätte.
Ich bin jetzt in der 10. Klasse und starte nächstes Jahr mit den Abi-Vorbereitungen. Und der Stoff, der mir fehlen würde, den würde ich auch niemals wieder gelehrt bekommen. In den unteren Jahrgängen ist das noch okay. Da gibt es ja meistens keine allzu großen Lehrerwechsel. Aber wenn zum Abitur hin alle Klassen durcheinander gewürfelt werden, darf ich mir alles, was fehlt, noch einmal selbst beibringen - oder mir auf Kosten meiner Eltern einen Nachhilfelehrer suchen.
Sitzenbleiben kann nur ein Vorteil sein
Auch wenn es provozierend klingen mag: Sitzenbleiben kann nur ein Vorteil sein, auch wenn manche Stimmen jetzt gern behaupten möchten, dass die armen Kinder sich dann langweilen, weil sie ja den Stoff angeblich schon kennen. Ich kenne viele Erwachsene, die als Kinder sitzen geblieben sind, die schließlich noch ein ordentliches Abitur oder Fachabitur und dann Karriere gemacht haben. Hätten sie nicht wiederholt, wäre es vermutlich nie so gekommen. Mit anderen Worten: Das Sitzenbleiben beinhaltet eine faire Chance. Gerade bei Lernschwächen.
Wer mir selbst jetzt unterstellen möchte, dass ich mir über so was ja keine Gedanken machen muss, weil ich vergleichsweise recht gute Noten habe, der darf diesen Kommentar auch gerne ignorieren. Ich möchte nur sagen, dass ich lieber sitzenbleiben würde, als im nächsten Jahr ahnungslos dazusitzen und nichts mehr zu verstehen. Eine zweite Chance etwas zu lernen, ist etwas Gutes, auch wenn es manchmal eben erzwungen wird. Manche müssen eben zu ihrem Glück geradezu gezwungen werden.
Abschließend kann ich also sagen, dass ich absolut gegen die Idee bin, das Sitzenbleiben abzuschaffen. Diejenigen, die das Sitzenbleiben abschaffen wollen, sollten auch nochmal an ihren Gruppentischen sitzenbleiben und nochmal alle zusammen darüber nachdenken, ob das wirklich Sinn macht.