Deutsches Tierschutzbüro hat Anzeige erstattet - Staatsanwalt ermittelt
Dichtgedrängt im eigenen Kot, Geschwüre, blutende Wunden, neben toten Artgenossen - erschreckendes Bildmaterial aus Niedersachsens größter Schweinemast
Donnerstag 17. September 2020 – Sustrum (wbn). Aus der wohl größten Schweinemast Niedersachsens liegt dem Deutschen Tierschutzbüro erschreckendes Bildmaterial vor.
Die Videoaufnahmen zeigen, wie dicht gedrängte Tiere in ihrem eigenen Kot stehen müssen. Viele der Tiere weisen zum Teil sehr schwere Verletzungen auf, die nicht über Nacht entstanden sind.
(Zum Bild: Blutbeschmiert mit offener Wunde und im Kot. Aus deutschen Landen frisch auf den Tisch? Aufnahme aus einer der Hallen in Sustrum. Foto: Deutsches Tierschutzbüro)
Besonders erschreckend: In den beiden dokumentierten Nächten wurde das Trinkwasser offenbar bewusst von dem Betreiber abgestellt. Eine bei Schweinemäster beliebte, wenn auch gesetzlich verbotene Methode, damit die Tiere am nächsten Morgen schneller einen hochkalorischen Futterbrei aufnehmen. Umso schneller die Tiere fett werden, umso mehr Profit für die Landwirt.
Auch wurden an einigen Stellen die gesetzlichen Vorgaben von maximal 2 cm Spaltenbreite nicht eingehalten. So war die Spaltenbreite zum Teil etwa 10 cm groß, dabei handelt es sich um eine nennenswerte Verletzungsgefahr für die Tiere. Vermutlich besteht dieser bauliche Missstand schon seit Errichtung der Mastanlage vor etlichen Jahren. "Offenbar finden in dem Betrieb keine Kontrollen statt oder die Kontrolleure schauen einfach nicht richtig hin" so Peifer. Dabei handelt es sich bei der Schweinemast sogar um einen QS-zertifizierten Betrieb. QS ist ein Prüfzeichen für Lebensmittel und ist auf vielen Fleischprodukten im Supermarkt zu finden. "Aus dem im Betrieb vorgefundenen QS- Vertrag geht allerdings hervor, dass QS primär auf "Eigenkontrolle" setzt. Die Landwirte sollen sich also selbst kontrollieren. So ist es nicht verwunderlich, dass sich der Schweinemäster selbst Bestnoten gegeben hat" so Peifer. Aus weiteren im Mastbetrieb vorgefundenen Unterlagen ist erkennbar, dass viele der Tiere an Durchfall und Lungenentzündungen litten, teilweise 50 Prozent aus einer Bucht. Behandelt wurden diese Tiere mit Antibiotika.
Die Missstände in dem Betrieb sind so schockierend, dass noch am gleichen Tag, als die Aufnahmen entstanden sind, das zuständige Veterinäramt in Meppen informiert worden ist, dies erfolgte Ende Juli 2020. Zudem wurde nach genauer juristischer Ausarbeitung Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft in Osnabrück gestellt, dies erfolgte Anfang August 2020. "Es wurden erst die Behörden informiert, damit diese ungehindert die Ermittlungen aufnehmen konnten" begründet Peifer, warum erst heute die Öffentlichkeit informiert wird. Das Landwirtscfhaftsministerium in Hannover wurde am Montag dieser Woche über den Schweinemast-Skandal informiert, wie die Weserbergland-Nachrichten.de heute Morgen auf Anfrage vom Sprecher des Tierschutzbüros Jan Peifer erfahren haben. Eine Reaktion sei aber noch nicht erfolgt.
Der Mastbetrieb liegt in Sustrum, Samtgemeinde Lathen im Landkreis Emsland. Verteilt auf drei Hallen werden dort ca. 15.000 Tiere gehalten. Damit leben dort ca. 10-mal mehr Schweine als Einwohner*innen in der kleinen Ortschaft. In drei Mastdurchgängen werden ca. 45.000 Schweine pro Jahr gemästet. Nach Recherchen des Deutschen Tierschutzbüros, ist einer der Hauptabnehmer der Schweine die Firma Tönnies in Sögel. In Sögel schlachtet Tönnies etwa 30 % seiner Schweine, ca. 5 Mio. Tiere pro Jahr. Neben Tönnies werden laut dem Viehhändler des Mästers auch Schweine an die Firma Simon-Fleisch in Wittlich geliefert. Simon-Fleisch ist mit 1 Mio. Schlachtungen pro Jahr, der größte Schweine-Schlachthof in Rheinland-Pfalz. Zudem werden von der Schweinemast auch Tiere an Vion in Emstek geliefert. In Emstek befindet sich Deutschlands größter Vion-Schlachthof, dort werden pro Jahr ca. 850.000 Schweine geschlachtet.
Erst im Juli hat das Deutsche Tierschutzbüro Bildmaterial aus einem Tönnies- Zulieferbetrieb in Rheda-Wiedenbrück (NRW) veröffentlicht. Die Zustände in dem Betrieb waren so gravierend, dass einige der verletzten Tiere durch das Veterinäramt notgetötet werden mussten. Tönnies selbst musste reagieren und hatte die Zusammenarbeit zwischenzeitlich beendet. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen den Betreiber. Auslöser dafür sind Strafanzeigen, die das Deutsche Tierschutzbüro und das zuständige Veterinäramt gestellt haben.
"Diese tierquälerischen Zustände sind in der Massentierhaltung leider normal, denn sie sind systembedingt und für Tönnies offenbar auch akzeptabel" so Peifer. Seit Jahren decken Tierrechtler Missstände in Zucht- und Mastanlagen sowie in deutschen Schlachthöfen auf. "Es muss endlich eine wirksame Lösung gefunden werden, damit diese Tierquälerei ein Ende hat. Wir empfehlen daher den Verbrauchern die vegane Lebensweise, denn kein Tier geht freiwillig in einen Schlachthof, alle Tiere wollen leben" so Peifer abschließend.
Transparenzhinweis der Redaktion: Dieser Text basiert auf Informationen des Deutschen Tierschutzbüros. Das Deutsche Tierschutzbüro e. V. ist ein eingetragener Verein, der sich für mehr Rechte von Tieren einsetzt.