Der Kommentar
"Leichte Sprache", schwere Sprache. Eine sich selbst parodierende Einladung zu einer Sprachrunde mit dem Ziel eines Runden Tisches
Von Ralph L o r e n z
3. Juni 2014 - Das „Forum Inklusion“ lädt ein zu einer Auftaktveranstaltung „Leichte Sprache“. Ziel der Begegnung am Mittwoch, 18. Juni, 15 Uhr in der Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln ist es den Einstieg in die „Leichte Sprache“ mit einer Reihe von Fortbildungen fortzusetzen, einen „Runden Tisch“ zu gründen. Der Einfall ist vortrefflich, dem Veranstalter ein volles Haus gewünscht.
So weit, so gut. Es ist aber auch ein kühnes Unterfangen. Denn sie wissen offenbar nicht wirklich was sie tun, die Einladenden. Laut gedruckter Einladung soll Hameln-Pyrmont zum Landkreis mit vielen Ansprechpartnern für „Leichte Sprache“ avancieren. Warum avancieren? Liebe Leut‘, wie wär’s mit dem schönen Wort „ sich entwickeln“? Klingt nicht so wichtig, trifft aber auf gut Deutsch den Kern der Sache. Und überhaupt „Forum Inklusion“. Geht’s nicht etwas einfacher? Forum – Meinungsaustausch. Inklusion – Einbeziehung, Teilhabe? Da hilft es auch nicht das Wort in Regenbogenfarben zu tauchen, was wohl kindhaft wirken soll aber inzwischen zum belanglosen Sozialarbeiter-Augenpulver verkommen ist.
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In der Einladung steht auch: „Menschen mit Beeinträchtigungen müssen den Inhalt verstehen können.“ Ein so dahingeschriebener, gedankenloser Satz! Er wirft Fragen auf:
Sollen nicht auch Menschen ohne Beeinträchtigung den Inhalt verstehen können? Und geradezu ungeheuerlich: Weshalb wird einfach mal so leichtfertig unterstellt, dass „Menschen mit Beeinträchtigungen“ Inhalte nicht verstehen? Ich kenne Rollstuhlfahrer, die den Urhebern dieses Satzes auf Altgriechisch die Leviten lesen, also sie zurechtweisen würden.
Die Anwendung der „Leichten Sprache“ wird zudem als „barrierefreier Zugang“ versprochen. Warum barriere-frei und nicht hindernis-frei? Anschließend wollen die Veranstalter das Treffen mit „Workshops“ fortsetzen.
Wie bitte? Und was kann man da kaufen? Eine witzige Umschreibung, die übrigens auf der Rückseite des sogenannten „flyers“ – gemeint ist wohl ein Handzettel oder Flugblatt – in einer Einladungsversion der „Leichten Sprache“ auf die Schippe genommen wird.
Weiß der Autor der Vorderseite nicht was er auf der Rückseite geschrieben hat? Wird die Glaubwürdigkeit im Handumdrehen geopfert, wo doch allgemeinverbindlich gefordert wird: „Jeder Verband, jede Einrichtung, jede Schule, jede Behörde – alle müssen wichtige Informationen in einfacher Sprache schreiben.“ Und dann kommt der Hinweis, das stehe in der UN-Behindertenrecht-Konvention. Schon wieder so ein Schenkelklopfer.
Was heißt hier „UN“, wo die Grundregel der „Leichten Sprache“ unbedingt das Vermeiden von Abkürzungen verlangt. Was heißt hier Konvention, wo es doch so einfach wäre nach dieser Regel allgemein verständlich von Vereinbarung zu sprechen? Die Weserbergland-Nachrichten.de haben die Einladung per Mail von einer netten Redakteurin bekommen. Diese beendet ihr Anschreiben mit der denkwürdigen Erläuterung: "... mit dem Ziel, einen Runden Tisch "Leichte Sprache" in der Region zu instituieren."
"Instituieren". Bei soviel Geschwollenheit schwillt einem die Zunge an. Darf's nicht auch 'ne Nummer kleiner sein, etwa mit dem Wort "einrichten"? Da hat sich der Verfasser dieser Zeilen vollends in die Ecke geschmissen – zu seinem Hund, der das beste Sprachtraining bietet. Er reagiert nur auf einfache Worte - und hinterschnuppert sie, wenn’s sein muss. Mit dem richtigen Riecher für einfache Wahrheiten.