"Altlast" der besonderen Art... - Zunächst nachts ohne Licht nach Bayern geflohen
Ist Nazi-Uran über Bayern in die Asse gelangt? Atommüll könnte von Thüringer Atombomben-Forschungsgruppe stammen
Hannover/Göttingen (wbn). Uran und Uranoxyd könnte von einer unter Hitler im thüringischen Ohrdruf arbeitenden Atombomben-Forschungsgruppe über Bayern in die Asse gelangt sein. Darauf weist der Göttinger Geschichtsstudent und Leiter des Arbeitskreis Asse II, Tobias Darge, beim Jugendumweltnetzwerk Niedersachsen hin.
Darge schildert für die Weserbergland-Nachrichten.de nachfolgend den historischen Hintergrund: „Im 2005 erschienenen Buch "Hitlers Bombe" beschreibt der Historiker Rainer Karlsch, dass wegen des Vordringens der amerikanischen Armee nach Thüringen die Wissenschaftler am 9. April 1945 mit einer Tonne Uranmetall und fast zehn Tonnen Uranoxyd mit fünf LKWs nachts ohne Licht nach Bayern flohen. Noch im März 1945 hatten die Wissenschaftler nach Karlsch zwei Kernwaffenversuche durchgeführt, bei denen mehrere hundert KZ-Häftlinge gestorben sind. Ziel des Trosses war zunächst Insbruck gewesen.
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In Bayern musste ein Teil der Uranoxyds abgeladen und versteckt werden, da die LKWs mit der schweren Last die Berge nicht bewältigt hätten. Am 27. April 1945 teilte sich der Tross in 4 Gruppen auf: Die erste Gruppe unter der Leitung des Physiker Kurt Diebner sollte zum 30 km westlich von München gelegenen Schöngeisingen fahren. Die zweite Gruppe fuhr nach Garmisch-Partenkirchen. Ein Teil des Uranoxyds wurde dort vergraben.
Die dritte Gruppe entlud 15-20 Kisten Uranoxyd in der Nähe der SS-Junkerschule Bad Tölz. Eine vierte Gruppe unter Leitung der Physiker Walther Gerlach und Otto Haxel fuhr zum Physikalischen Institut nach München. Ein Teil des Uran nahm Walther Gerlach mit. Der damalige Betriebsleiter der Asse der Gesellschaft für Strahlenschutz, Alwin Urff, sagte in der Hannoverischen Allgemeine Zeitung vom 29. Juli 1974: "Als wir 1967 mit der Einlagerung begannen hat unsere Gesellschaft als erstes radioaktive Abfälle aus dem letzten Krieg versenkt, jene Uranabfälle, die bei der Vorbereitung der deutschen Atombombe anfielen." "Die mussten wir aus Betonbunkern in der Nähe von München herausholen, wo sie seiner Zeit deponiert worden waren, weil man damals ja nicht wusste, wo man in drei Teufels Namen das Zeug denn lassen sollte." Während die auf das deutsche Atombomben-Projekt angesetzte Alsos-US-Geheimdienst-Mission den Atomkeller mit Reaktor im baden-würtembergischem Haigerloch entdeckte, demontierte und das Uran abtransportierte, schien das in Bayern versteckte Uran von den Amerikanern unentdeckt gebleiben zu sein. Die amerkanische Armee und mit ihr die Alsos-Gruppe erreichte die Thüringische Atombombenforschungsstätte Stadtilm erst drei Tage nach der Flucht der Atomwissenschaftler, am 12. April 1945 und fanden nur noch Labor- und Materialreste.
Was aus den Wissenschaftlern wurde... Wie die andere deutsche Wissenschaftler, die unter Hilter an Atombobemprokjekten beteiligt waren, wurden Gerlach, Haxel und Diebner später verhaftet und bis 1946 im britischen Farm Hall interniert. Walther Gerlach(1889-1979) war ab 1948 Direktor des Physikalischen Instituts der Uni München, später Rektor der Universität München. Otto Haxel (1909-1998) war ab 1951 Professor an der Uni Heidelberg, von 1970 bis 1975 war er wissenschaftlich-technischer Geschäftsführer des Kernforschungszentrum Karlsuhe und erhielt 1971 das Bundesverdienstkreuz.Kurt Diebner(1905-1964) wurd Mitbegründer des Kernforschungszentrums Geesthacht und 1957/58 auch Angestellter des Bundesverteidigungsministeriums.
Rechtliche Entwicklung: Auf Grund der Potsdamer Konferenz und des Kontrollratsgesetzes Nr.25 vom 29. April 1946 war Kernenergieforschung verboten bzw. auf Grundlagenforschung beschränkt. Das Gesetz Nr.22 der Allierten Hohen Komission vom 2.3.1950 verbot den "Besitz, den Gebrauch, die Lagerung, Einfuhr und Ausfuhr von Materialien und Anlagen der Kerntechnologie".
Nach den Pariser Verträgen vom 23.10.1954 trat die BRD am 5.5.1955 der NATO bei und wurde beschränkt souverän.
Für den Kernenergiebereich bedeutete dies, dass der BRD die Atomforschung wieder erlaubt war, die Produktion von Atomwaffen auf dem eigenen Territorium aber untersagt blieb.
Der Atomwaffensperrvertrag wurde von der BRD erst unter der sozialliberalen Koalition mit Willy Brand als Bundeskanzler unterschrieben. Der CDU-Vorsitzende und ehmalige Bundeskanzler Konrad Adenauer nannte den Atomwaffensperrvertrag hingegen ein "zweites Jalta" und ein "Morgenthauplan im Quadrat", der ehemalige Bundesatom- und Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß "ein Versailles kosmischen Ausmaßes".