Neues zur Geflügelpest in Niedersachsen:
Meyer sieht bereits den überwiegenden Teil des Freilandbestandes "aufgestallt" - CDU spricht von Inkonsequenz
Mittwoch 26. November 2014 - Hannover/ Holzminden (wbn). Jetzt also doch: Niedersachsens Landwirtschaftsminister Meyer hat Geflügelpest-Alarm gegeben. Er hält die sogenannte „Aufstallung“ in Risikogebieten in Niedersachsen "für angezeigt".
Seitens der CDU-Opposition ist dies jedoch noch zu zögerlich. Diese verlangt eine Aufstallungs-Regelung für ganz Niedersachsen, also so gesehen auch für das Weserbergland. Nachfolgend eine Presseerklärung aus dem Landwirtschaftsministereium von heute Nachmittag: „Wegen der mittlerweile vorliegenden Bewertung des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) zum Risiko einer Einschleppung der Geflügelpest mit dem Subtyp H5N8 hat das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium heute einen Erlass an die kommunalen Behörden herausgegeben und hält die vorübergehende Aufstallung von Geflügel in Risikogebieten für angezeigt.
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Das Ministerium erwartet und geht davon aus, dass nun in noch mehr Regionen in Niedersachsen eine Stallpflicht angeordnet wird. Bislang haben schon die vier Landkreise Grafschaft Bentheim, Emsland, Cloppenburg und Vechta auf der Grundlage einer Risikoeinschätzung ein Aufstallungsgebot erlassen. „Damit ist bereits der überwiegende Teil des Freilandbestandes in Niedersachsen aufgestallt“, sagte Landwirtschaftsminister Christian Meyer.
Der Minister, der bereits kurz nach einem Ausbruch der Geflügelpest in einem Mastputenbestand in Mecklenburg-Vorpommern die Geflügelhalter zu besonderer Aufmerksamkeit und Vorsicht aufgerufen hatte, erneuerte diesen Appell: „Eine intensive Vorsorge gegen Vogelgrippe bleibt notwendig.“ In Niedersachsen sind seit Wochen die Biosicherheitsmaßnahmen und das Monitoring verstärkt und intensive Vorbereitungen in Absprache mit den Landkreisen getroffen worden. In Niedersachsen sind nach dem Tiergesundheitsgesetz die Landkreise für solche Auf-stallungsgebote zuständig. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer betonte, unabhängig von der Stallpflicht sei „jeder Kontakt mit Wildvögeln etwa an Futterstellen, Gewässern, durch Fahrzeuge und anderes zu vermeiden. Auch andere Übertragungswege wie Transporte und Kontakte zu Betrieben, in denen die Geflügelpest festgestellt worden ist, bleiben nach dem FLI-Gutachten ein hohes Risiko und verdienen höchste Aufmerksamkeit. Wir müssen unsere Nutztierbestände intensiv schützen.“
Ausnahmen von der Aufstallpflicht bleiben laut Gesetz allerdings möglich. Anders als andere Bundesländer hat das Land Niedersachsen das Wildvogelmonitoring nicht reduziert, sondern auf hohem Niveau gehalten. Bislang wurden seit Beginn dieses Jahres rund 450 Proben von Wildvögeln auf Influenza A untersucht. Das Ergebnis war in allen Fällen negativ. Parallel dazu nimmt Niedersachen auch ein Monitoring von Nutzgeflügel vor. Auch hier fielen alle Proben negativ aus. Das Landwirtschaftsministerium appelliert an Landkreise und Jäger, weiterhin intensiv Wildtiere für das Monitoring abzugeben. Ebenso sollten Geflügelhalter jegliches ungewöhnliche Erkrankungsgeschehen umgehend den zuständigen Behörden melden.
Das grundsätzliche Aufstallungsgebot war aufgehoben worden
Nach der Geflügelpestverordnung ordnet die zuständige Behörde die Aufstallung von Geflügel an, soweit dies aufgrund einer Risikobewertung angezeigt ist. Zuständig sind nach dem Tiergesundheitsgesetz die Landkreise und kreisfreien Städte. Dabei ist es durchaus möglich, dass ein Landkreis nicht für seine gesamte Kreisfläche eine Stallpflicht ausspricht, sondern sich auf bestimmte Risikogebiete innerhalb des Landkreises beschränkt.
Mit der Änderung der Geflügelpestverordnung des Bundes im vergangenen Jahr ist das grundsätzliche Aufstallungsgebot aufgehoben worden. Eine differenzierte risikobasierte Anordnung der Aufstallung ist damit eingeführt. Danach sind Aufstallungen wegen ihrer Einschränkungen regional zu begrenzen. Für jeden Landkreis müssen auf dieser Grundlage eine eigene Risikoabschätzung und eine Abwägung der mit einer Stallpflicht verbundenen Einschränkungen für im Freien gehaltene Tiere erfolgen. „Diese nach Risiken und Regionen differenzierte Lösung halten wir weiter für richtig und wichtig. Sie wurde auch schon vergangenes Jahr bei den drei Vogelgrippe-Fällen in Niedersachsen praktiziert“, erläuterte der Landwirtschaftsminister. Daher hat außer Mecklenburg-Vorpommern, wo H5N8 nicht nur in einem Mastputenstall, sondern auch bei einem Wildvogel entdeckt worden ist, kein Bundesland eine landesweite Stallpflicht angeordnet. In NRW wurde für zehn Prozent der Landesfläche die Stallpflicht angeordnet. In Niedersachsen sind es weit mehr. Die Mehrzahl der Bundesländer hat bislang keine Aufstallung angeordnet.“
CDU spricht von unverantwortlichem Vorgehen
Seitens der Landtags-CDU folgte kurze Zeit später der Vorwurf des zögerlichen Handelns des Landwirtschaftsministers: „Das Vorgehen der Landesregierung mit der Vogelgrippe ist aus Sicht des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Frank Oesterhelweg, „inkonsequent und unverantwortlich". „Im Gegensatz zu anderen Bundesländern kommt Niedersachsen nicht über eine unverbindliche Empfehlung hinaus. Der Landwirtschaftsminister schiebt die Verantwortung mit dem Verweis auf angeblich fehlende rechtliche Grundlagen auf die Landkreise ab und lässt sie mit dem Problem alleine", kritisiert Oesterhelweg. „Ausgerechnet der Minister, der ansonsten für besonderen Aktionismus bekannt ist, verfällt angesichts der akuten Bedrohung durch den H5N8-Virus in Schockstarre."
Dabei liefere die „Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest" zumindest eine Möglichkeit, die landesweite Stallpflicht anzuordnen. So heißt es in Paragraph 13: maßgebliche Parameter für eine Stallpflicht seien „(...) die örtlichen Gegebenheiten einschließlich der Nähe des Bestands zu einem Gebiet, in dem sich wildlebende Wat- und Wasservögel sammeln, insbesondere einem Feuchtbiotop, einem See, einem Fluss oder einem Küstengewässer, an dem die genannten Vögel rasten oder brüten (...)". Oesterhelweg: „Meiner Ansicht nach dürften solche Gebiete überall in Niedersachsen zu finden sein."“
Hermann Grupe (FDP): Warum erst jetzt? Meyer spielt mit dem Feuer
Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hermann Grupe, kritisiert ebenfalls das Handeln der Landesregierung beim Thema Vogelgrippe. „Die Regierung Weil reagiert viel zu spät auf die Gefahr der Vogelgrippe. Eine Regierung, die im Zweifel für die ‚Freiheit der Hühner‘ und nicht für die Sicherheit von Mensch und Tier eintritt, muss sich angesichts der großen Gefahren des H5N8-Virus die Frage gefallen lassen: Warum erst jetzt“, so der FDP-Agrarpolitiker und Landwirt aus dem Kreis Holzminden. Mehrere Landkreise und auch andere Bundesländer haben Grupe zufolge bereits vor Tagen Maßnahmen ergriffen. „Der gleiche Minister, der sonst nie zögert, sich in die Arbeit der Landwirte einzumischen, spielt hier in unverantwortlicher Weise mit dem Feuer und handelt viel zu spät. Wir müssen jetzt schnell Vorsorge treffen, um Tierleiden sowie wirtschaftliche Schäden für die Landwirte zu vermeiden“, so Grupe. Ideologischer Freiland-Fetisch dürfe nicht wichtiger sein als die Verhinderung einer gefährlichen Tierseuche.