Sogenannte Reichsbürger in Niedersachsen:
Welchen Parteien oder Organisationen gehören sie an? – Wie vernetzt ist die Szene?
Donnerstag, 2. Februar 2017 – Hannover (wbn). Sie erkennen das Grundgesetz unseres Landes nicht an, halten die Bundesrepublik Deutschland nicht für einen souveränen Staat und sind der Meinung, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 weiterhin bestünde: Sogenannte Reichsbürger gibt es bundesweit. Laut niedersächsischer Landesregierung sind sie meist nur persönlich untereinander vernetzt und gehören nur vereinzelt Parteien oder Organisationen an.
Der niedersächsischen Landesregierung liegen zwar keine Informationen über strukturelle Verflechtungen oder politische Einflussnahmen zwischen den Reichsbürger und der Partei AfD vor, trotzdem gibt es vereinzelt Verbindungen oder Überschneidungen: So gehört laut niedersächsischer Landesregierung ein Reichsbürger zum AfD-Kreisverband Weserbergland. Ein weiterer Reichsbürger trat zudem als Verantwortlicher einer Wahlkampfveranstaltung der AfD in Braunschweig auf. Bei der Kommunalwahl in Ostfriesland kandidierte zudem eine Frau mit Reichsbürgerbezug für die AfD.
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Reichsbürger stellen erst mal keine einheitliche Bewegung dar. Die Landesregierung sieht die sogenannten Reichsbürger vielmehr als unabhängig voneinander agierende Einzelpersonen und Gruppierungen, die sich in ihrem Wesen zuweilen deutlich unterscheiden. Das Spektrum reicht dabei von politisch interessierten Trachtenvereinen über esoterisch geprägte Gruppen bis hin zu rechtsextremistisch motivierten Personenzusammenschlüssen, die der Beobachtung durch den Verfassungsschutz unterliegen. In Niedersachsen ist vor allen Dingen die Gruppierung „Exilregierung Deutsches Reich“ aktiv. Sie ist vom Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestuft.
Wie die Landesregierung Niedersachsen mitteilte, verbreiten die meisten Reichsbürger rechtsextremes Gedankengut und Ansichten, doch nicht alle „Selbstverwalter“ vertreten rechte Meinungen. Allerdings gibt es innerhalb der Reichsbürgerszene rechtsgerichtete und antisemitische Argumentationstheorien. Diese Argumentationen sind für Teile der rechtsextremistischen Szene anschlussfähig. Überschneidungen mit Rechtsextremisten gibt es vor allen Dingen im Bereich der Landesgrenze und der Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland als Staat. Des Weiteren gibt es auch unter Leuten aus der rechtsextremen Szene und den Reichsbürgern Kontakte. So gehören laut Informationen der Landesregierung im Bereich der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg drei Personen zur rechtsextremistischen Gruppierung „Justiz-Opfer-Hilfe“.
Erst seit kurzem beobachtet der Niedersächsische Verfassungsschutz alle Reichsbürger und Selbstverwalter in Niedersachsen. Dabei stellt die niedersächsische Landesregierung heraus, dass der Verfassungsschutz seit 2005 nur die Gruppierung „Exilregierung Deutsches Reich“ beobachtet hat. Konkrete Vernetzungen agierender Gruppierungen sind regional und überregional allerdings noch nicht bekannt. Es gibt aber unter den einzelnen Reichsbürgern Kontakt. So sind im Rahmen polizeilicher Ermittlungen im Zusammenhang mit dem von einem Reichsbürger getöteten Polizisten Kontakte bis nach Niedersachsen aufgedeckt worden. Niedersächsische Reichsbürger haben zudem vereinzelt Kontakte innerhalb der Bundesrepublik und ins europäische Ausland.