Erstmals konkrete Zahlen für Kommunen
„Was kosten Gesetze?“ – Kreis Lippe am Pilotprojekt des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligt
Montag 17. August 2015 - Detmold (wbn). Die Politiker in Brüssel und Berlin beschließen Gesetze. Die Wirtschaft und die Verwaltung vor Ort führen sie aus. Aber was kosten diese Gesetze?
Das Land Nordrhein-Westfalen hat zusammen mit dem Kreis Lippe in einem bundesweit einmaligen Pilotprojekt am Beispiel der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) des Bundes untersucht, was eine solche Regelung im Mittelstand und in den Kommunen an Kosten verursacht. Darüber haben sich Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) und Landrat Friedel Heuwinkel jetzt bei einem Besuch des Ministers in der Region ausgetauscht.
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Das Ergebnis: Die Einführung der LMIV kostete allein die Wirtschaft in NRW etwa 367 Millionen Euro – bei jährlichen Folgekosten von rund 200 Millionen Euro. Für die Kommunen liegen die Einführungskosten einmalig bei rund 2,2 Millionen Euro. Jährlich kommen rund zwei Millionen hinzu. Diese Zahlen hat die von Wirtschaftsminister Garrelt Duin beauftragte Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bielefeld errechnet. Für die Kommunen hat der Kreis Lippe die Koordination übernommen und die Zahlen aus dem eigenen Haus, dem Kreis Viersen und den Großstädten Düsseldorf und Bielefeld zusammengetragen.
Duin: Kommunen erhalten erstmals konkrete Zahlen
Eine solche Kostenschätzung von Gesetzen für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung gibt es auf Bundesebene mit der Einsetzung des Nationalen Normenkontrollrats seit 2006. „Mit diesem Pilotprojekt haben wir dieses Prinzip erstmalig auf die Landesebene und die Kommunen übertragen“, so Wirtschaftsminister Garrelt Duin. „Damit erhalten wir als Kommunen erstmals konkrete Zahlen und können in Berlin deutlich machen, was der Gesetzesvollzug in der Verwaltung tatsächlich kostet“, ergänzt Landrat Friedel Heuwinkel. „Gemeinsam mit den Kosten, die bei Fleischern, Bäckern, großen Lebensmittelherstellern, in der Gastronomie und im Onlinehandel entstehen, waren wir mit Hilfe der Statistikämter in Bund und Land in der Lage, den Erfüllungsaufwand der LMIV in NRW zu errechnen,“ erläutert Prof. Dr. Volker Wittberg von der FHM.
Beispiel Tiefkühlpizza-Verpackung
Wenn die Schrift größer sein muss, passen nicht mehr alle Angaben in zwölf Sprachen auf die Tiefkühlpizza-Verpackung. Um dennoch alle verlangten Infos aufzudrucken, müssten dann mehrere unterschiedliche Kartons für kleinere Ländergruppen produziert werden. Das kostet extra. In den Lebensmittelämtern der Kommunen müssen diese zusätzlichen Pflichten überwacht werden. Das benötigt Zeit und produziert Personalkosten in der Verwaltung. „Mit Hilfe des sogenannten Standardkosten-Modells kann man diese zusätzlichen Kosten systematisch abschätzen“, erklärt Dr. Thomas Wolf-Hegerbekermeier vom Kreis Lippe, der die Kostenmessung in den Kommunen koordiniert hat. Die Experten hoffen, dass mit dem Wissen über die tatsächlich entstehenden Kosten das ein oder andere Gesetz bereits bei der Entstehung verhindert werden kann. „Das ist dann echter Bürokratieabbau, bevor sie überhaupt entsteht.“