70 weitere Schwerverbrecher dürfen hoffen...
Nach der überraschenden Freiheit gibt's auch noch Geld - 73.000 Euro für den entlassenen Sexualstraftäter Hans-Peter W.
Karlsruhe/Bad Pyrmont (wbn). Der entlassene Sexualstraftäter Hans-Peter W., der mit einem spontanen Kurz-Aufenthalt im Bad Pyrmonter Ortsteil Thal bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, ist jetzt mit Schadenersatzforderungen an die deutsche Justiz erfolgreich gewesen. Ihm hat heute das Landgericht Karlsruhe eine Entschädigung in Höhe von 73.000 Euro zugesprochen.
Nach verbüßter Strafe (sieben Jahre) und anschließender zehnjähriger Sicherungsverwahrung saß der Mann nochmals zwölf Jahre „ohne Rechtsgrundlage“ – so sein Anwalt – im Gefängnis. Dafür war jetzt Haftentschädigung verlangt worden. Mit Erfolg, wie das Karlsruher Urteil heute bestätigt hat. Hans-Peter W. hatte sogar mehr als das Doppelte gefordert. Der Sexualstraftäter lebt heute im Hamburger Stadtteil Jenfeld. Den Nachbarn im Norden ist es genauso unwohl bei diesem Gedanken wie den Bürgern von Bad Pyrmont. Hans-Peter W. war damals auf dessen angeblichen Wunsch nach seiner Freilassung, die auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes resultierte, aus einer baden-württembergischen Haftanstalt in den äußeren Bezirk der Kurstadt gekommen und in einem Seniorenheim untergebracht worden.
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Der Landkreis Hameln-Pyrmont war davon völlig überrascht worden und die Art der Unterbringung erwies sich als völlig ungeeignet. Landrat Rüdiger Butte hatte die Nacht- und Nebelaktion aus Baden-Württemberg damals kritisiert. Es begann sodann eine Irrfahrt durch Deutschlands Norden, jeweils begleitet von empörten Anwohnern, die zugleich erkennen ließ in welchem Maße die deutsche Justiz von dem Europa-Urteil überrascht worden war.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die bis dato in Deutschland übliche Praxis der rückwirkenden Sicherungsverwahrung von Straftätern für unzulässig erklärt. Völlig überhastet wurden daraufhin Straftäter, die ihr halbes Leben hinter Gittern verbracht hatten und sich in den veränderten Lebensumständen der Freiheit gar nicht mehr zurechtfanden, auf freien Fuß gesetzt und in andere Bundesländer abgeschoben. Menschen wie Sexualstraftäter Hans-Peter W. hatten weder zuvor ein Handy, einen Computer noch einen Geldautomaten gesehen. Ebenso wenig waren die Männer auf das herausfordernd sexy-sommerliche Outfit der Passantinnen in den Fußgängerzonen der Großstädte vorbereitet.
Nachdem Schwerverbrecher wie Hans-Peter W. auf der Grundlage des Europa-Urteiles beträchtliche Entschädigungszahlungen für den Haft-Nachschlag der deutschen Gerichtsbarkeit entschädigt werden, rechnen die Behörden mit einer Forderungswelle in gleichgelagerten Fällen. Nach groben Schätzungen gibt es noch weitere 70 Sicherungsverwahrte, die dem deutschen Staat ihre Rechnungen präsentieren könnten. Bei einem „Schmerzensgeld“ von 500 Euro im Monat.
Anmerkung der Weserbergland-Nachrichten.de: Vom Schmerzensgeld der eigentlichen Opfer jener Sexualstraftaten war nicht die Rede. Von den Ängsten der jetzigen Nachbarn auch nicht.